THC und CBD

Warum die Cannabis-Therapie in Österreich kompliziert und teuer bleibt

Cannabis-Pflanze im Green Empire in Niederösterreich © Trending Topics
Cannabis-Stecklinge auf einer Plantage in Niederösterreich © Trending Topics
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Am Dienstag hat Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) dem Gesundheitsausschuss im Parlament einen Experten-Bericht zum medizinischen Einsatz von Cannabis in Österreich vorgelegt. Die Empfehlung ist klar: An der derzeitigen Lage sei nichts zu ändern.

Und die sieht so aus: Medizinische Präparate mit dem berauschenden Wirkstoff THC (ganz genau: Dronabinol) können bei ganz bestimmten Diagnosen von Ärzten verschrieben und in Apotheken gekauft werden, die Kosten werden in diesen Fällen von der Krankenkasse getragen. Kompliziert wird es bei CBD. Der kleine Bruder von THC ist ebenfalls in der Hanfblüte enthalten und bei normaler Dosierung nicht berauschend, hat aber eine gewisse beruhigende Wirkung.

Cannabis ersetzt Tabletten-Cocktail

Bei einem Pressegespräch des Interessensverbandes Arge Canna erzählt ein Schmerzpatient, der in der Therapie auf Cannabis setzt. Er ist vor sechs Jahren unter einen Traktor geraten und musste aufgrund chronischer Schmerzen einen wachsenden Tabletten-Cocktail zu sich nehmen. 28 Tabletten, darunter acht Suchtmittel. Magen-Darm-Schwierigkeiten. Noch mehr Tabletten. Cannabis habe ihm geholfen, er setze auf eine Therapie aus Dronabinol, also dem berauschenden, schmerzstillenden THC, und CBD, das beruhigend wirke. Zwei verschiedene, teure Präparate.

Großer Preisunterschied

Laut dem Mediziner Martin Pinsger, der das Schmerzkompetenzzentrum Bad Vöslau leitet, ist diese Kombination ideal, da sich die Wirkstoffe ergänzen. Und die Kombination kommt in der getrockneten Hanfblüte ganz natürlich vor und ist dann auch wesentlich günstiger. Die Arge Canna rechnet vor: Dronabinol oder medizinisches CBD mit jeweils 250 mg des Wirkstoffes würden derzeit in Österreich etwa 150 Euro kosten, die Blüte komme in Deutschland mit einem Gehalt von 200 mg THC auf 30 Euro. Der Verkauf ist in Österreich aber verboten. Anders als etwa in Deutschland oder Italien.

CBD darf zur Einnahme in Österreich nur als Arzneimittel in Form von Öl oder Kapseln in Apotheken erworben werden – die Kosten werden von der Kasse nicht erstattet. Bis Ende vergangenen Jahres waren CBD-Produkte in Österreich in zahlreichen Geschäften erhältlich – Hartinger-Klein hat dem durch einen Erlass jedoch einen Riegel vorgeschoben (Trending Topics berichtete).

CBD-Öle brauchen Zulassung

CBD-Öle als Medizinprodukte bedürfen eines Zulassungsverfahrens, als Nahrungsmittel und Kosmetik sind sie verboten – konkret dürfen also keine Verzehr- oder Dosierungsempfehlungen angegeben werden.

Für die wenigen Unternehmen, die in Österreich auf CBD-Produkte setzten, sei der Erlass ein enormer wirtschaftlicher Schaden gewesen, betont Klaus Hübner, Vorstand der Arge Canna, die sich allerdings ausschließlich dem Einsatz von Cannabis in der Therapie einsetzt. „Die Freigabe für den Freizeitkonsum steht nicht auf unserer Agenda“, so Hübner.

Cannabis-Markt könnte in Europa 115 Mrd. Euro schwer werden

In ganz Europa könnte sich das Geschäft mit Cannabis-Produkten bis 2028 zu einem 115-Milliarden-Euro-Markt entwickeln, schätzt der European Cannabis-Report – gesetzt, Cannabis wird legalisiert. In Österreich liegt das Marktvolumen laut dem Report 2018 für Medizinprodukte bei einer halben Million Euro. In den nächsten zehn Jahren könnte dieses Volumen auf mehr als eine halbe Milliarde wachsen. Wird Cannabis freigegeben, liege das Potenzial für Cannabis-Produkte in Österreich bis 2028 bei 1,2 Milliarden Euro.

Staatliches Medizin-Cannabis-Monopol in Österreich

Die Produktion von medizinischem Cannabis unterliegt in Österreich einem staatlichen Monopol. Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) steht im Eigentum der Republik Österreich und darf seit 2008 exklusiv medizinisches Cannabis anbauen und an befugte Abnehmer weitergeben – laut Arge Canna in der Regel Pharma-Unternehmen.

Die Interessenvertretung will, dass der Zugang zu Medizinprodukten mit THC und CBD in Österreich für Patienten einfacher wird. Sie fordert daher die „Rehabilitierung von Cannabis als Medizinalpflanze“ und ein weitgehendes Aufbrechen des staatlichen Anbau-Monopols. Patienten sollen sich unter ärztlicher Aufsicht selbst versorgen dürfen, sprich Cannabis selbst anbauen und ernten. Das wäre wohl der kostengünstigste Weg.

Cannabis-Forschung in Österreich stark eingeschränkt

Die von der Regierung befragten Experten – Ärztekammer, Apothekerkammer, Sozialversicherungsträger, das staatliche Forschungsinstitut GÖG, die AGES und Anästhesisten bzw. Schmerztherapeuten – sprechen sich aber gegen den Verkauf der Blüte aus. Einerseits sei es nicht möglich, diese Naturprodukte streng genug zu kontrollieren. Andererseits gebe es noch zu wenige wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit von Cannabinoiden.

Hier beißt sich die Katze in den Schwanz, ist sich Hübner sicher. Denn die von der Regierung begrüßte klinische Forschung sei in Österreich nur sehr eingeschränkt möglich. „Forschung mit Cannabis an Menschen ist in Österreich verboten“, so Hübner. Lediglich mit Mäusen und Zellen dürfe geforscht werden. „Das verhindert den Nachweis, den die Regierung haben will“.

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