Messaging-Markt

Telegram: 100 Millionen chatten mit der WhatsApp-Alternative, doch verdient sie unser Vertrauen?

Messaging per Telegram. © Jakob Steinschaden
Messaging per Telegram. © Jakob Steinschaden
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Nach der WhatsApp-Übernahme von Facebook Anfang 2014 war vielen Nutzern klar: Wir brauchen einen anderen, unabhängigen Messaging-Dienst. Telegram erschien da als geeignete Alternative – 100 Nutzer pro Sekunde meldeten sich damals in der App an. Seither ist Telegram, 2013 von den russischen Brüdern Nikolai und Pawel Durow ins Leben gerufen (die beiden gründeten auch das russische Social Network Vk.com, das 2014 nach politischen Querelen komplett an Mail.ru verkauft wurde), ordentlich gewachsen und zählt jetzt mehr als 100 Millionen monatlich aktive Nutzer.

Das Wachstum von Telegram war immer schon an WhatsApp geknüpft. Als die Facebook-Tochter Ende 2015 von der Regierung in Brasilien gesperrt wurde, verzeichnete Telegram in nur drei Stunden 1,5 Millionen neue Nutzer. Den WhatsApp-Eigentümer Facebook ist die russische App mittlerweile ein großer Dorn im Auge. Um den Umzug seiner Dienste zu Telegram zu unterbinden, wurden im November 2015 Links zu Telegram in der Android-Version von WhatsApp blockiert, seit vergangener Woche unterbindet auch die Facebook-Tochter Instagram Links zu Telegram-Profilen.

350.000 neue Nutzer pro Tag

Ob das den weiteren Aufstieg der Messaging-App bremsen kann, ist fraglich. Laut Telegram-Chef Pavel Durov kommen pro Tag 350.000 neue User dazu – in einem Jahr oder früher wird man so die 200-Millionen-Grenze knacken. Technologisch gibt man bei Telegram jedenfalls Gas: Mit dem Ausbau der Channels will man Unternehmen und Medien ködern, die über die App Nachrichten an viele Nutzer gleichzeitig schicken wollen. Auch für die Bedürfnisse der Privatnutzer hat man ein Gespür: Während WhatsApp noch keine GIF-Integration hat, kann man bei Telegram bereits sehr einfach die lustigen Sekunden-Clips suchen, finden und versenden. Die Nutzung der App ist intensiv Insgesamt werden bei Telegram 15 Milliarden Nachrichten pro Tag versendet, bei WhatsApp mit mehr als einer Milliarde monatlich aktiver Nutzer sind es über 30 Milliarden.

Die Krux an der Geschichte: Telegram wird gerne und oft als sichere App dargestellt, die die Daten der Nutzer schützt und sie nicht monetarisiert. Das Verschlüsselungsprotokol “MTProto Mobile Protocol” soll für digitale Privatsphäre sorgen, laut Durov hätte man seit dem Start noch nie Daten an Dritte (Unternehmen, Staaten) herausrücken müssen. Profis sehen das anders: „Telegram benutzt ausgerechnet die von der NSA entwickelte und inzwischen als gebrochen angesehene Hashfunktion SHA-1“, sagte der Verschlüsselungsexperte Rüdiger Weis kürzlich zu „Welt am Sonntag“. Zudem sind verschlüsselte Chats bei Telegram nicht Standard, sondern optional – die User müssen sie selbst anlegen (wie das geht, steht hier). Nur dann werden die Messages nicht auf den Servern der zwielichtigen Firma zwischengespeichert.

Macher und Firma bleiben im Schatten

Ja, zwielichtig. Denn bis dato haben sich Journalisten, die herausfinden wollten, wo Telegram sitzt und wer dafür arbeitet, die Zähne ausgebissen. Die Spuren verlieren sich zwischen über die ganze Welt verteilte Postkastenfirmen, zum Geldgeber (Durovs Investmentfirma Digital Fortress) gibt es keine Informationen, und der angebliche Hauptsitz in Berlin ist und bleibt ein Rätsel. Diese Hintergründe werden mit dem Aufstieg der Messaging-App aber immer wichtiger – je mehr Nutzer in der App sind und je mehr private Daten auf die Server wandern, desto mehr Menschen werden wissen wollen, was da genau vor sich geht.

Übrigens nicht nur in der westlichen Welt: 20 Prozent der monatlich aktiven Nutzer sollen aus dem Iran stammen (das sind 20 Millionen Menschen), Telegram ist dort größer als WhatsApp, Facebook und Twitter, die dort gänzlich oder zeitweise vom Staat gesperrt wurden. Die große Popularität hat die App dort bereits ins Visier der Hardliner gerückt, die sich mehr Kontrolle über die dort verbreiteten Inhalte wünschen. Auf Wunsch der Regierung hat Telegram dort bereits Schritte unternommen, um pornografischen Content zu unterbinden.

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