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Schönherr-Rechtsanwälte über Startup-Exits in der Krise: „Es wird einem nichts geschenkt“

Maximilian Nutz und Thomas Kulnigg von Schönherr. © Schönherr
Maximilian Nutz und Thomas Kulnigg von Schönherr. © Schönherr

Wir durchleben momentan schwierige Zeiten. Viele Unternehmen kämpfen ums Überleben, mitunter tauchen aber auch Meldungen von Startups auf, die in der Krise Investments lukrieren konnten oder gar den Exit schafften. Der richtige Schritt oder angesichts der Wirtschaftskrise ein riskanter Weg? Sollten Startups derzeit überhaupt an einen Exit denken? Und wenn ja, worauf müssen sich Gründer einstellen? All diese Fragen – und noch viele mehr – haben wir im Online-Call mit Thomas Kulnigg und Maximilian Nutz von Schönherr besprochen.

Zuletzt wurden einige Meldungen von Deals und Investments bekannt, was mitunter für Verwunderung sorgte. Millionen-Deals mitten in der Pandemie? Eher nein, wie Thomas Kulnigg erklärt: „Ich glaube, man muss unterscheiden. Viele dieser Runden, die jetzt verlautbart werden, sind wahrscheinlich schon vor längerer Zeit beschlossen worden, zum Teil sicher auch schon vor der Krise.“ Eine Finanzierungsrunde beginne immer mit einem Term Sheet, in dem sich Gründer und Investoren auf die wesentlichen Eckpunkte einigen. „Bis zum Closing, also dem Vertragsabschluss, dauert das durchschnittlich zwischen einem Monat – wenn es wirklich schnell geht – und vier Monaten. Darum sehen wir hier auch viele Finanzierungsrunden, die schon vor Monaten begonnen wurden“, erklärt Kulnigg.

Schönherr: Zwei Kategorien für Investitionen

Investitionen, die während der Pandemie getätigt wurden, lassen sich laut den Rechtsanwälten in zwei Kategorien aufteilen: Einerseits in Unternehmen beziehungsweise Startups, die wirklich intensiv wachsen und Kapital brauchen – um beispielsweise Bestellungen oder neue Projekte bedienen zu können. Kulnigg: „Da haben auch wir viele Mandanten, die sagen, sie kommen nicht mehr nach. Die brauchen das Geld einfach, um das Wachstum zu finanzieren. Das sind die Startups, die sich auch derzeit leichter tun, ein Investment zu erhalten.“

Die zweite Kategorie seien Startups, die das Geld „ganz dringend“ benötigen. Das seien vor allem Unternehmen, deren Umsatz komplett weggebrochen ist, die aber trotzdem ihre Ausgaben bedienen können müssen. „Von den diversen Förderungen ist bekanntlich noch nicht sehr viel ausgezahlt worden – beziehungsweise qualifizieren sich ganz viele Unternehmen gar nicht für diese Startup-Förderung. Da bleibt dann nichts anderes mehr übrig, als eine Finanzierung aufzustellen. Das ist sehr, sehr oft der einzige Weg“, weiß Kulnigg.

„Risiko signifikant höher“

Auch hinsichtlich Investments haben sich die Dinge geändert: „Wenn das Risiko höher wird – und derzeit ist es ja signifikant höher, weil der langfristige Ausblick noch schwieriger als sonst ist -, dann greifen die Investoren zu Mechanismen, die ihnen die Möglichkeit des Investments erleichtern. Das heißt zum Beispiel konkret, dass oft nicht einfache (1x) Liquiditätserlöse verlangt werden, sondern zwei- oder dreifache.  Der Investor bekommt beim Exit also zum Beispiel das Dreifache zurück, bevor alle anderen einen Anteil an den verbleibenden Erlösen erhalten.“ Die Investoren müssten sich häufig aber auch vor ihren eigenen Geldgebern rechtfertigen, warum sie in der Krise weiter finanzieren.

Im umgekehrten Fall gibt es aber natürlich auch Startups, die die Chance in der Krise gesehen und ergriffen haben. Thomas Kulnigg: „Ich glaube alle, die im Bereich Digitalisierung eine Lösung haben, profitieren im Moment sehr. Das trifft beispielsweise den Bildungs- und eLearning-Bereich, da wird in tolle Lösungen viel Geld investiert. Für den eCommerce-Bereich gilt das auch, aber auch Logistik und Packaging, sehr stark aber auch im eHealth-Bereich, zum Beispiel Telemedizin“. Und: Auch Startups, die vielleicht nur kurz auf den „Covid-Zug“ aufgesprungen sind und beispielsweise Masken produziert und angeboten haben, also kurzfristig umgestellt haben, sollten gut durch die Krise kommen. „Die zählen wir zu der eingangs erwähnten erstgenannten Kategorie, also zu den Startups, die jetzt eine Finanzierung brauchen, weil sie sonst mit der Produktion nicht nachkommen“, ergänzt Nutz. „Die Not macht da auch erfinderisch. Ein Erfolgsrezept ist oft, dass man sich an die aktuelle Situation rasch anpasst“.

Viele rechtliche Fragen in der Pandemie

Das wirft eine andere Frage auf: Unter welchen Umständen kann ein Investment in der Krise Sinn machen? Es sei in diesen Tagen „gar nicht einfach“, sich für das richtige Finanzierungsmodell zu entscheiden. In einer Krisensituation seien diese Dinge alle mit vielen rechtlichen Fragen verbunden. Kulnigg: „Hier ist aus unserer Sicht das Wandeldarlehen oder Convertible Loan interessant. Bei Convertible Loans muss man sich – zumindest in den einfachen Varianten – nicht auf eine Firmenbewertung einigen. Man wandelt das Geld später in einen Geschäftsanteil um, zu einer Bewertung, die dann erst festgelegt wird. Aber auch hier sieht man, dass die Investoren sich absichern und entsprechend investorenfreundliche Vertragsbestimmungen verlangen.“

SEIC: Vertrag für Startups zum kostenlosen Download

Schönherr will hier unterstützen – und bietet seit einiger Zeit einen kostenlosen Vertrag zum Download an. „Wir haben als Versuch einer Unterstützung für die Community einen Vertrag zum kostenlosen Download veröffentlicht. Wir nennen den Vertrag ‚Simple Equity Investment Contract‘ oder kurz SEIC. Der SEIC funktioniert im Endeffekt so ähnlich wie ein Convertible Loan, nur ist es kein Darlehen, sondern gleich eine Eigenkapitalfinanzierung“, erklärt Kulnigg. Das heißt, der Investor gibt dem Unternehmen Geld und bekommt später einen Geschäftsanteil nach einer bestimmten Logik zurück. „Das ist kein komplett neues Konzept, aber sicherlich interessant für manche Unternehmen. Es gibt auch ein Manual dazu, das genau zeigt, was wie ausgefüllt werden muss. „Man braucht also nicht einmal unbedingt einen Anwalt dafür – falls doch, helfen wir natürlich gerne weiter.“

Exits während der Krise – ratsam?

Ein gänzlich anderer Fall: Der Exit während der Krise. Kulnigg schätzt das als durchaus schwierig ein, vor allem größere Deals sieht er so schnell nicht: „Ich glaube, in der Krise zu verkaufen, das ist schwierig“. Das gesamte Ökosystem sei schließlich unter Druck. Es gebe zwar nach wie vor viele Käufer mit sehr viel Geld, ganz einfach, weil beispielsweise Fonds „seit Jahren auf enormen Cash-Beträgen sitzen“. Genau die seien aber noch sehr zurückhaltend. Kulnigg: „Ja, die könnten progressiver investieren. Allerdings hatten auch die Verkäufer bislang oft sehr hohe Wertvorstellungen, es war also bislang ein verkäuferseitig-dominierter Markt. Ich glaube aber, dass die Unternehmen, für die die Krise eine Chance ist, weiterhin entsprechende Exits machen können“.

Nur: Man sollte wissen, worauf man sich einlässt, raten die beiden Juristen. Kulnigg: „‚There is no gift shop at the exit‘ heißt es. Oder mit anderen Worten: Es wird einem beim Verkauf nichts geschenkt. Die Krise wird dann oft gegen einen verwendet, weil die Käufer auf Unsicherheiten – die es aber immer gibt – hinweisen. Die Entscheidung zum Exit in der aktuellen Phase ist sicher keine leichte. Wir wissen ja auch nicht, ob es kurzfristig besser oder schlechter wird – Stichwort: zweite Welle“.

Die Zeit nach der Krise

Eine ähnliche Einschätzung gilt laut Kulnigg und Nutz für die Zeit nach der Krise. Wie sich der Startup-Sektor entwickeln wird, sei kaum einzuschätzen. „Wir befürchten, dass es einige Startups nicht schaffen werden. Wir haben ja schon bei ein paar Fällen gesehen, dass die Teams sagen, wir hören auf. Auch die Insolvenz wird viele treffen, einfach, weil das Geld fehlt und es keine Investments gibt. Ein paar werden es nicht schaffen, ein paar andere werden aber gestärkt aus der Krise hervorgehen“, meint Kulnigg.

Er sieht aber auch positive Folgen. So hätten die Unternehmen ihre „Angst vor dem Teleworking“ verloren und in anderen Branchen werde es viele Anpassungen geben. Kulnigg: „Ich glaube auch, dass das eine tolle Chance für die Startups hier sein kann. Ich hoffe aber auch, dass die Maßnahmen der Regierung andere Menschen motivieren könnten, in Startups zu investieren. Ein großer Teil der Startup-COVID-19-Förderung soll ja aus privater Hand kommen. Österreich hat hier aber noch einen enormen Aufholbedarf.“

Aus rechtlicher Sicht hat die Corona-Krise viele Neuerungen gebracht, die für die Juristen von Schönherr begrüßenswert seien. Mit der Covid-19-Gesetzgebung wurde zum Beispiel eingeführt, dass Generalversammlungen auch virtuell abgehalten werden können. Thomas Kulnigg: „Das ist jetzt alles möglich. Auch Beglaubigungen und Notariatsakte sind online möglich. Das sind Maßnahmen, die funktionieren, davor muss man keine Angst haben. Das sind neue Chancen“.

Die Kanzlei Schönherr Rechtsanwälte kann auf das Fachwissen von rund 300 Juristen in Zentral- und Osteuropa zurückgreifen. Der Hauptsitz der Kanzlei Schönherr ist in Wien. Thomas Kulnigg ist Leiter der Praxisgruppen „Technology & Digitalisation“ und „Start-up & venture capital services“. Maximilian Nutz, Associate, ist seit 2018 bei Schönherr und ebenfalls im Bereich Technologien & Digitalisierung engagiert.

+++Schönherr-Anwälte bilden neue „Technology & Digitalisation“-Gruppe+++

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