Micro Mobility

Rollende Geld-Drucker: Warum Investoren so scharf auf E-Scooter-Startups sind

E-Scooter: Auch bei älteren Zielgruppen immer gefragter. © Pexels
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Autohersteller Ford kauft das Startup Spin für 100 Millionen Dollar. Google und Uber investieren bei Lime mehr als 300 Millionen Dollar. Milliardenbewertung für Bird. Tier Mobility aus Berlin holt sich 25 Millionen Euro bei Investoren. Für die einen nette Spielzeuge, für die anderen Big Business. Warum sind E-Scooter-Dienste derzeit derart attraktiv für Investoren?

Micro Mobility – das neue Schlagwort

Wenn es einen Trend im Startup-Jahr 2018 gibt, dann heißt er „Micro Mobility“. Gemeint sind damit vorrangig Startups, die E-Scooter-Sharing-Dienste anbieten und Städte wie Wien dieses Jahr mit einer Flut an Elektrorollern, die man von der Straße weg per App mieten kann, überrollt haben. Investoren lassen es sich viel Geld kosten, um bei solchen Jungfirmen an Bord zu kommen, und versorgen sie mit vergleichsweise großen Finanzspritzen.

Während manche sich über falsch abgestellte Gefährte ärgern, freuen sich andere über eine einfache Möglichkeit, um nicht mehr zu Fuß gehen zu müssen. Kritik mussten die Betreiber schon einstecken, zuletzt Lime wegen möglicher schadhafter Roller (Trending Topics berichtete) und den ersten Unfällen. Nichtsdestotrotz werden die Dienste ständig ausgeweitet und erobern eine Stadt nach der anderen.

Trending Topics hat 9 Gründe für den Investment-Trend gefunden (keine Rangfolge):

1. Green Mobility

E-Scooter sind ein wichtiger Teil der Bewegung hin zur Elektromobilität geworden. Betreiber können gut damit argumentieren, einen Beitrag zur CO2-Reduktion und zum Abbau des Autoverkehrs in Städten leisten zu können. “Der Wunsch nach umweltfreundlicher Mobilität bei Konsumenten immer wichtiger”, sagt Mathias Ockenfels, Partner beim VC-Fonds Speedinvest x, der in den Berliner Anbieter Tier Mobility investiert hat (Trending Topics berichtete).

Voraussetzung für die Betreiber hier ist natürlich, sowohl den Betrieb mit grünem Strom aus erneuerbaren Energiequellen anbieten zu können als auch für umweltschonende Akkus in den Gefährten zu sorgen – denn bei der Produktion von Batterien werden natürlich auch fossile Brennstoffe eingesetzt.

2. Neue Lösung für die letzte Meile

Früher hatte man in Städten für kurze Strecken (z.B. bis zur nächsten Öffi-Station) im Wesentlichen die Wahl zwischen Fahrrad und zu Fuß. E-Scooter sind ein neues Zusatzangebot, das Konsumenten relativ einfach nutzen können – auch ohne Führerschein. Wer es eilig hat oder zu faul zum Laufen ist, für den sind die E-Scooter eine angenehme Alternative.

3. Unit Economics

E-Scooter sind sehr günstig. Bei den Herstellern bekommt man sie um 300 bis 500 Dollar, und wer große Mengen kauft, der kann sich sicher Rabatte aushandeln. Den Berechnungen des Online-Magazins Quartz zufolge haben sich Bird oder Lime in den USA bei entsprechender Auslastung die Anschaffungskosten der Roller in 20 bis 30 Tagen zurückverdient.

Nun muss man natürlich bedenken, dass die Betreiber noch andere Kosten haben – App-Entwicklung, Bezahlung von Mitarbeitern, Kosten für Reparatur, Lagerung und Aufladen, usw. muss man natürlich ebenfalls einrechnen. “Die Unit Economics sind sehr attraktiv“, sagt Ockenfels. „Wenn die Anschaffungskosten wieder drinnen sind, dann druckt der Scooter Geld.”

Aus Konsumentensicht können E-Scooter-Dienste tückisch sein. Kleinbeträge können sich monatlich zu ordentlichen Kosten auswachsen. Selbst wenn man täglich nur drei Euro für zwei Strecken ausgibt – am Ende des Monats sind das dann trotzdem 90 Euro – viel mehr, als man für Netflix oder Spotify berappt.

4. Kaum Marketing-Kosten

TV-Werbung, Print-Reklame, Plakate – das alles machen E-Scooter-Startups in der Regel nicht. Neben Social-Media-Ads setzen sie vor allem auf einen ziemlich banalen Werbeeffekt: Dadurch, dass sie hunderte, manchmal tausende gebrandete Gefährte in der Stadt verteilen, sind sie mit ihren Marken ständig im Stadtbild präsent und können in kurzer Zeit großen Bekanntheit erreichen. “Die Scooter selber sind die beste Außenwerbung auf der Straße“, sagt Ockenfels.

5. Regulierung

In San Francisco und in Deutschland sind die E-Scooter verboten, doch in anderen Ländern wie Österreich, Schweiz, Finnland, Norwegen, Belgien oder Dänemark gibt es bereits entsprechende Regeln- obwohl die Startups erst sehr jung sind, haben viele Städte bereits auf den Trend reagiert und Regulierungen für den Betrieb erlassen. Das gibt den Firmen an immer mehr Standorten Rechtssicherheit für den Betrieb. Somit laufen sie weniger Gefahr, in juristische Probleme zu schlittern wie etwa Uber, das in vielen Städten Verbote, Strafen oder Einschränkungen auferlegt bekam.

6. Gig Economy

Große Flotten in Städten zu betreiben, ist keine einfache Sache. Da kommt den Betreibern die so genannte „Gig Economy“ entgegen. Es gibt vor allem in den USA immer mehr Menschen, die Nebenjobs suchen und für Unternehmen gegen Honorare kleine Aufgaben erledigen. Für Bird oder Lime sind so genannte „Charger“ oder „Juicer“ im Einsatz, die das Einsammeln und Aufladen der E-Scooter übernehmen, ohne dafür angestellt werden zu müssen. Tier Mobility in Wien wiederum arbeitet mit Veloce zusammen – der Dienstleister übernimmt das Einsammeln und Aufladen der Roller.

7. Sharing wird massentauglich

Seit Jahren liest man in Studien: Junge Menschen heute machen immer seltener den Führerschein und sehen das Auto nicht mehr so stark wie frühere Generationen als Statussymbol an. Von A nach B müssen sie aber trotzdem. In diese Bresche schlagen Sharing-Dienste, die mit Autos, Fahrrädern oder eben Scootern neue Mobilitätsangebote schaffen. Für diese bezahlt man nicht einmal eine große Summe, sondern blättert Kleinbeträge für einzelne Strecken hin. Diese Kleinbeträge können sich übers Jahr bei vielen Nutzern jedoch schnell zu vielen hunderten Euro auswachsen.

8. Kundenaufbau

Die Apps von E-Scooter-Startups sind ein einfacher Weg für die Betreiber, Kunden und deren Bezahldaten zu erfassen. Es muss ja nicht bei Rollern bleiben, schließlich könnte man den Nutzern in Zukunft ja noch andere Mobilitätsdienste in der App anbieten – alles vom E-Moped über Leihfahrräder bis zum Elektroauto ist denkbar. Lime etwa hat längst Fahrräder in den USA im Angebot. Wie schnell die E-Scooter-Anbieter vom Markt angenommen werden, zeigt diese Grafik:

9. Daten, Daten, Daten

E-Scooter-Startups sammeln nicht nur Kundendaten wie Telefonnummern, Mail-Adressen oder Kreditkartennummern, sondern auch sehr viele Bewegungsdaten. Diese Daten könnten in einem weiteren Schritt etwa auch Städten und deren Betreibern von öffentlichen Verkehrsmitteln angeboten werden – etwa, wenn es darum geht, neue Stationen oder Routen für Busse oder U-Bahnen zu planen. Denn bei entsprechender Abdeckung können E-Scooter-Dienste ziemlich genau messen, wo und wann viele Menschen unterwegs sind.

Speedinvest ist sowohl Investor in Trending Topics als auch in Tier Mobility.

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