Analyse

Native Advertising: Wenn sich Werbung in den Content einschleicht, ist das nicht nur für Kinder ein Problem

Was ist AdWords, was ist organisch? Viele Teens kennen den Unterschied nicht. © Fotolia/Montage Red.
Was ist AdWords, was ist organisch? Viele Teens kennen den Unterschied nicht. © Fotolia/Montage Red.
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Was ist Werbung, und was ist Inhalt? Mit dieser Unterscheidung tun sich Kinder in Großbritannien zunehmend schwer, wenn sie durchs Internet surfen. Eine aktuelle Studie der britischen Medienaufsichtsbehörde Ofcom, die seit 2006 Untersuchungen zur Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen veröffentlicht, ­beinhaltet einige alarmierende Ergebnisse. So konnte nur ein Drittel der Befragten im Alter zwischen zwölf und 15 Jahren korrekt zwischen organischen Suchergebnissen bei Google und bezahlten Anzeigen (AdWords) unterscheiden. Bei den Acht- bis Elfjährigen ist der Anteil ­jener, die die Werbung auch als solche eindeutig erkennen, noch geringer – nur ein Fünftel kennt den Unterschied. Die bezahlten Anzeigen bei Google ­unterscheiden sich von den organischen Suchergebnissen optisch nur durch ein kleines gelbes Feld, auf dem in weißer Schrift „Anzeige“ steht, ansonsten ist die Werbung genauso gestaltet wie die restlichen Treffer.

Das Problem, das die britische Studie aufzeigt, beschränkt sich nicht auf Google. Nur die Hälfte der Zwölf- bis 15-Jährigen ist sich bewusst, dass viele YouTuber und Blogger damit Geld verdienen, indem sie Produktplatzierungen in den Clips zulassen oder gesponserte Beiträge auf ihren Webseiten veröffentlichen. Auch versteht die Mehrheit der ­Jugendlichen, die in der Studie befragt wurde, nicht, was personalisierte Werbung ist und wie sie auf Facebook und Twitter gemacht wird. Das Gros geht davon aus, dass alle Nutzer dieselben Anzeigen zu sehen bekommen und wissen nicht, dass die Werbung (zum Beispiel „Sponsored Posts“, „Promoted Tweets“) auf ihre Interessen und demografischen Daten zugeschnitten werden, um die Klick-Wahrscheinlichkeit zu erhöhen.

Auch Erwachsene betroffen

Dass der Grat zwischen Online-Werbung und regulärem Inhalt oft ein schmaler ist, hat auch eine Studie des Wiener Marktforschers MindTake aufgezeigt. Mittels Eyetracking-Technologie wurde analysiert, ob Facebook-Nutzer zwischen bezahlten Anzeigen und Postings, die Firmen veröffentlichen, unterscheiden können. Das Ergebnis damals: Etwas mehr als 70 Prozent der Probanden stuften Werbung als normale Beiträge ein. Der Grund: Anzeigen im Newsfeed von Facebook sehen nicht ­bezahlten Postings sehr ähnlich, sie unterscheiden sich lediglich durch das kleine graue Wörtchen „Gesponsert“, das unter dem Namen des Absenders eingeblendet wird.

In den USA, Großbritannien und Deutschland wurden bereits konkrete Schritte gegen die verschwimmenden Grenzen zwischen Online-Werbung und anderen Inhalten gesetzt. US-Konsumentenschützer haben bei 
der Regulierungsbehörde FTC 
Beschwerde gegen die „YouTube Kids“-App erhoben, weil dort Werbung nicht klar vom restlichen Content getrennt wird, in Großbritannien hat die Advertising Standards Authority bereits YouTube-Videos sperren lassen, weil in diesen nicht klar genug kommuniziert wurde, dass sie eigentlich Werbung für Kekse sind. In Deutschland empfiehlt nach einem Urteil des Langericht München etwa Thomas Stadler, Fachanwalt für IT-Recht, werbliche Inhalte eindeutig mit „Anzeige“ oder „Werbung“ zu kennzeichnen – der Hinweis „Sponsored“ würde nicht reichen.

Immer problematischer wird so genanntes „Native Advertising“ gesehen – also Werbung, die sich in Look & Feel redaktionellen Inhalten angleicht und oft mit „Sponsored Post“ gekennzeichnet wird. Das Jugend-Portal bento.de von Spiegel Online etwa hat im November mit dieser Art der Werbung begonnen. Auch hier das gleiche Problem: Eine Befragung von 1.000 Internetnutzern zwischen 14 und 35 Jahren durch statista.com hat ergeben, dass nur 36 Prozent den Ausdruck „Sponsored Post“ richtig verstehen.

Sag` bloß nicht „Promotion“

„Das Bewusstsein ist in Österreich noch unterentwickelt, der Online-Bereich wird oft als ethikfreier Raum wahrgenommen“, sagt Brigitte Mühlbauer, stellvertretende Vorsitzende des PR-Ethik-Rats. Die Auseinandersetzung mit dem Thema stünde erst am Anfang, deswegen habe man im Oktober mit Doris Christina Steiner (Ketchum Publico), Peter Steinberger (DS Beratung) und Josef Barth (Pick & Barth) als Experten für den Digitalbereich an Bord geholt. Derzeit etwa würde man einer ­Beschwerde nachgehen, die einen Content-Channel eines großen Nachrichten-Portals betrifft. Dieser würde komplett aus PR-Artikeln bestehen, diese aber nur unzureichend kennzeichnen.

In Österreich, wo das Mediengesetz zwar vorschreibt, die Begriffe „Anzeige“, „entgeltliche Einschaltung“ oder „Werbung“ zur Kennzeichnung zu verwenden, hat der OGH aber Folgendes bereits 2009 festgehalten: Für das „angesprochene Publikum“ muss der „entgeltliche Charakter einer Veröffentlichung zweifelsfrei“ erkennbar sein, es könnten dazu aber auch andere Begriffe als die im Mediengesetz aufgezählten verwendet werden. In dem OGH-Urteil heißt es, dass der begriff „Promotion“ nicht als Kennzeichnung ausreicht, wenn viele der Leser älter bzw. aus dem ländlichen Raum sind.

Vertreter der Werbebranche argumentieren naturgemäß ­anders. Internetnutzer würden die Kennzeichnung „Sponsored Post“ durchaus verstehen und kennen – laut Native-Ad-Anbieter Adyoulike stören sich 57 Prozent der Briten zwischen 18 und 33 Jahren nicht an Sponsored Posts, solange die Inhalte interessant sind.

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