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Microsoft: „Die US-Behörden haben dieselben Zugriffsmöglichkeiten wie jede Behörde“

© Taylor Vick on Unsplash
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Wie gestern bekannt wurde, investiert Microsoft in den nächsten vier Jahren eine Milliarde Euro, um im Osten von Österreich ein Netzwerk von Datencentern aufzubauen. Das soll dann vorrangig heimischen Unternehmen Cloud-Lösungen zur Verfügung stellen. Die gestrige Vorstellung lies allerdings einige Punkte offen: Welche Rolle spielt die Investitionsprämie für Microsoft? Und wie verhält sich das mit dem Cloud-Act nun genau? Trending Topics hat bei Microsoft nachgefragt.

Thomas Lutz ist Head of Communications bei Microsoft Österreich und versucht gerade hinsichtlich des Cloud-Acts zu beruhigen: „Die DSGVO gilt für uns weltweit, alle Daten werden grundsätzlich nach der EU-DSVGO verarbeitet. Das ist die härteste Währung derzeit im Bereich Datenschutz. Microsoft hat sich bereits vor zwei Jahren dazu entschlossen, das als weltweite Norm zu verwenden“.

Viel diskutiert: Der Cloud-Act

Dennoch: Wie verhält es sich nun genau mit dem Cloud-Act? Bedeutet der, dass, auch wenn auf österreichischem Boden unter DSGVO gespeichert wird, US-Behörden trotzdem mit richterlichem Beschluss die Daten ausgehändigt bekommen? Lutz: „Die US-Behörden haben die selben Zugriffsmöglichkeiten wie jede Behörde dieser Welt. Sie haben immer auch das Recht, über einen ordentlichen Gerichtsbeschluss Daten anzufordern. Wichtig ist nur, wie man damit umgeht. Die Microsoft Cloud hat über 90 Compliance-Zertifikate, die unseren Kunden genaue Aussagen darüber geben, wie mit den Daten umgegangen wird. Gibt es Anforderungen seitens einer Behörde, werden diese immer auch an den Kunden weitergegeben“.

Das betreffe allerdings ohnehin nur eine zweistellige Zahl an Fällen pro Jahr – “ trotzdem müssen wir die auf jeden Fall ernst nehmen“, erklärt Lutz. Wenn man Microsoft nach seinen Handlungen bewerte, sei es derzeit so, dass nicht gerechtfertigte Anfragen auch vor Gerichten ausgehandelt werden. „Das zeigt recht deutlich, dass wir, wenn wir der Auffassung sind, dass irgendetwas nicht angemessen ist, das zurückweisen“. Wo diese Grenze der Angemessenheit liegt, ist allerdings Auslegungssache.

Microsoft: Investitionsprämie ja oder nein?

Unabhängig davon wurde auch die Investitionsprämie vielfach diskutiert. Zur Erinnerung: Die Regierung kann eine Investitionsprämie in Form eines Zuschusses von 7 Prozent der förderfähigen Kosten von Neuinvestitionen gewähren. Für Investitionen im Zusammenhang mit Digitalisierung, Ökologisierung, Gesundheit/Life Science ist eine Verdoppelung der Prämie, also 14 Prozent, vorgesehen. Die maximale Summe zur Berechnung liegt bei 50 Millionen Euro. Im Falle von Microsoft wären das also sieben Millionen Euro. Wird Microsoft die Investitionsprämie in Österreich in Anspruch nehmen? Lutz: „Wir haben bis dato keine Förderungen in Anspruch genommen“. Die Prämie könne aber grundsätzlich jeder in Anspruch nehmen. Als offizielle Bekanntgabe, dass Microsoft die Förderung in Anspruch nehme, sei das aber nicht zu verstehen.

Und auch wenn, sei das „nur eines von 35 Kriterien“, die Microsoft zur Standortwahl heranziehe: „Microsoft beantragt Förderungen, wenn sie Steuerzahlern und einschlägigen Investments unter bestimmten Umständen und unter den geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen allgemein zur Verfügung stehen. Bei der Auswahl von Rechenzentrumsstandorten berücksichtigen wir mehr als 35 gewichtete Kriterien, einschließlich lokaler Steueranreize (falls verfügbar), Nähe zu Bevölkerungszentren, einer ausreichenden, zuverlässigen und stabilen Stromquelle und mehreren Netzwerkverbindungen mit hoher Kapazität, einem großen Pool an qualifizierten Arbeitskräften und erschwinglichen Energieraten zur Bestimmung der langfristigen Lebensfähigkeit jedes Standorts“.

Einen speziellen steuerlichen Anreiz für die Investition erhalte Microsoft jedenfalls nicht, sagte Schramböck auch gestern. Microsoft stünden aber die allgemeinen Förderungen zur Verfügung, eben etwa die Investitionsprämie von 14 Prozent für digitale Investitionen (gedeckelt bis maximal 50 Millionen Euro).

Microsoft Azure, 365 und Dynamics

Der Plan für den Ausbau in den nächsten Jahren steht jedenfalls bereits. Thomas Lutz: „Microsoft Azure wird der erste verfügbare Cloud-Service sein. Danach folgen die Microsoft 365-Dienste, die normalerweise innerhalb der ersten drei Monate nach dem Start von Azure verfügbar sind sowie im weiteren die Dynamics 365 und PowerPlatform-Dienste (innerhalb von sechs bis neun Monaten). Lutz: „Diese Services unterstützen Unternehmen bei Innovationen in ihren Branchen und bei der Verlagerung ihrer Geschäfte in die Cloud. Gleichzeitig tragen sie dazu bei, die Anforderungen an Kundendatenresidenz, Sicherheit und Compliance zu erfüllen“. Nach dem Start von Azure in der Rechenzentrumsregion Österreich sollen Kunden und Partner Azure Resource Mover verwenden können, um Kerndienste aus jeder öffentlichen Cloud-Region von Microsoft nach Österreich zu verlagern.

29.000 Arbeitsplätze – nur wo?

Im Rahmen der Pressekonferenz wurde auch erwähnt, das Vorhaben schaffe indirekt und direkt bis zu 29.000 Arbeitsplätze. Das sorgte mancherorts für Verwunderung, wie Thomas Lutz erzählt: „Es gab einen Kommentar auf Facebook: Die können den Standort gar nicht geheim halten, weil 29.000 Leute kann ja niemand verstecken“. Das ist so natürlich auch falsch. „Die erwähnten 29.000 Arbeitsplätze aus der zitierten IDC-Studie entstehen über die nächsten vier Jahre im Wirtschaftssystem von Microsoft, dessen Partnern und seiner Cloud-Kunden“. Heißt konkret: Eine Bank nutzt die Microsoft Cloud und braucht mehr zertifizierte Leute – dann sind auch das diese in der Studie angeführten Arbeitsplätze.

In der Studie heißt es dazu: „Die einzelnen zu schaffenden Arbeitsplätze werden den aktuellen Berufsmix nach Ländern widerspiegeln. Es wird eine breite Palette von Arbeitsplätzen in Unternehmen geben, die Cloud-Nutzer sind, aber auch neue Arbeitsplätze, die durch die digitale Transformation entstehen (z.B. Arbeitsplätze in den Bereichen Robotik und künstliche Intelligenz, digitales Marketing, digital unterstützte Sicherheit und IoT-Spezialisten im Handwerk).

Microsoft und die Ö-Cloud

Wie ist das Zusammenspiel mit Gaia-X und der Ö-Cloud genau zu verstehen? Oder sind die Microsoft-Dienste eine Alternative zu Gaia-X und zur Ö-Cloud? Von Microsoft heißt es lediglich: „GAIA-X konzentriert sich unter anderem darauf, sicherzustellen, dass Unternehmen in ganz Europa auf Daten zugreifen und Daten gemäß definierten Regeln speichern, austauschen und verwenden können, die die europäischen Grundwerte widerspiegeln. Wir bei Microsoft sind voll und ganz auf dieses Ziel ausgerichtet, von dem wir glauben, dass es dazu beitragen wird, dass Cloud-Technologien sowohl das Versprechen der digitalen Transformation erfüllen als auch der lokalen Wirtschaft zugutekommen, und gleichzeitig das Maß an Vertrauen sicherstellen, das für die breite Einführung von Spitzentechnologien erforderlich ist“.

„Geht um die Bereitstellung von Diensten“

Man sei bereits an Arbeitsgruppen beteiligt und freue sich darauf, „als aktiver Teilnehmer an GAIA-X zu fungieren“, erklärt Thomas Lutz: „Wie beim europäischen Gaia-X-Projekt geht es bei der Ö-Cloud um die Bereitstellung von Diensten auf der Grundlage einheitlicher (europäischer) Standards und nicht um die Einrichtung und den Betrieb von Hunderten eigener Rechenzentren. Es geht also nicht darum, mit Hyperscalern wie Microsoft zu konkurrieren, sondern auf der Grundlage dieser europäischen Standards zusammenzuarbeiten“.

Ö-Cloud auf Microsoft-Server

Kann die Ö-Cloud also auch über das kommende Rechenzentrum laufen? Lutz: „Ja, die Ö-Cloud könnte teilweise auch auf der Microsoft Cloud laufen.. Man darf auch nicht vergessen, 99 Prozent der gesamten Daten sind reine Nutzdaten (beispielsweise Wetter, Fabriken, Sensoren). Da spielt das alles gar keine Rolle. Ein Prozent sind Daten, die personenbezogen sind – hier gilt die DSGVO im besonderen Maße. Für dieses eine Prozent müsse man sich jetzt einfach auch ein „besonders Regelwerk“ überlegen – das sei die Herausforderung von Gaia X und der Ö-Cloud. Es gehe um Standards, die letztlich sicherstellen, dass sowohl EU-Standards als auch österreichische Standards entsprechend eingehalten werden.

Thomas Lutz: „Das ist ein Regelwerk, das auch die EU-Grundwerte widerspiegeln soll. Wir als Microsoft sind perfekt aufgestellt, um da mitzuarbeiten und zu der Initiative beizutragen. Da lässt sich kein Gegensatz konstruieren. Das Ziel ist einfach, dass man Dienste bereitstellt, auf Basis einheitlicher europäischer bzw. österreichischer Standards. Das unterstützt Microsoft“.

+++Microsoft investiert eine Milliarde Euro in Cloud-Center in Österreich+++

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