Interview

Startup-Investor Markus Kainz: „Man kann sich sicherlich alles schön reden“

Markus Kainz von primeCrowd. © primeCrowd
Markus Kainz von primeCrowd. © primeCrowd

20.000 Beschäftigte zählt der Startup-Sektor in Österreich und wird von Politikern regelmäßig als relevanter Wirtschaftsbereich präsentiert, der als Job-, Umsatz- und Innovationsmotor fungiert. Statt als Stolperstein hätte sich die Corona-Krise als Beschleuniger für die vielen jungen Digitalfirmen erwiesen, und 2020 hat nicht nur für einen Investment-Rekord gesorgt, sondern mit dem Bitcoin-Hype in letzter Konsequenz auch Österreichs erstes (?) Unicorn, Bitpanda, beflügelt.

Alles gut im Startup-Land also? Markus Kainz, CEO und Gründer des Investoren-Netzwerks primeCROWD, im Interview über die noch versteckten Effekte der Corona-Krise, weiterhin fehlende attraktive Rahmenbedingungen für Business Angels und seinen eigenen Erfolg bei einem Investment.

Mehr Arbeitsplätze in Startups trotz Corona, ein Investmentrekord 2020, auch Europa scheint in Sachen Startups und Scale-ups endlich in Aufbruchsstimmung zu geraten. Alles gut im Startup-Land?

Also man kann sich sicherlich alles schön reden und muss aufpassen, dass man die Hintergründe von solchen „Erfolgsstories“ durchleuchtet. Mehr Arbeitsplätze in Startups stimmt, jedoch ist dies auch ein Effekt der geförderten Kurzarbeit und der Corona-Hilfen. Wir werden sehen, wie sich die Startups bzw. die Arbeitsplätze entwickeln, sobald die Corona-Hilfen nicht mehr laufen.

Äußerst positiv sind auf jeden Fall die Entwicklungen von Bitpanda und dem rumänischen Startup UiPath. Bitpanda hat es zum ersten österreichischen Unicorn geschafft, und UiPath macht mit einer Bewertung von knapp 35 Milliarden Dollar den größten Börsengang eines europäischen Startups. Also es gilt das selbe wie immer: Wir haben wahnsinnig gute Talente in Europa, nur müssen die auch die Rahmenbedingungen bekommen um sich weltweit entfalten zu können.

Beim Thema Europa bin ich ebenfalls äußerst skeptisch. Ja, wir können das Investmentvolumen in Startups Jahr für Jahr steigern, nur sind wir prinzipiell noch immer auf einem sehr niedrigen Niveau. Es braucht hier endlich konkrete Anreize seitens der Regierungen, auch Personen, die keine Business Angel sind, für Investments in Startups zu begeistern. Das fordern wir in Österreich bereits seit Jahren, passieren tut aber nichts – das wird sich leider alles rächen früher oder später.

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Wie könnte man denn Personen, die keine Angels sind, zum Investieren bringen? Und: Warum sollten sie überhaupt, sie können ja auch Aktien kaufen, oder Bitcoin, oder Immobilien.

Naja, man muss sich prinzipiell die Frage stellen: Was wollen wir in Europa? Wollen wir wettbewerbsfähig und innovativ sein, ja haben wir sogar irgendwann mal den Anspruch, uns an die Spitze zu setzen? Dann müssen wir uns auf Innovationen und Startups konzentrieren, denn nur so schaffen wir die neuen großen Firmen von morgen – siehe Facebook, Apple, Microsoft.

So, und wenn ich das weiß, dann schaffe ich hier gezielt Anreize und belohne zum Beispiel Investoren, die in Startups investieren mit einem Steuerfreibetrag. Die Konsequenz ist, dass durch den Steueranreiz automatisch mehr Leute in Startups investieren werden, das liegt ja in der Natur der Sache. Ich überlege mir als Investor, wo ich das optimale Kosten-Nutzen-Verhältnis erreichen kann, je attraktiver die Kostenseite beim Startup-Investment ist, desto mehr Geld werde ich hier investieren.

Weil wie du richtig sagst, dem Investor kann ich die Verantwortung, Europa wettbewerbsfähig zu machen, nicht wirklich umhängen, dessen Anspruch ist es durch Investments in Aktien, Immobilien etc. sein Vermögen zu vergrößern. Somit bleibt die Verantwortung bei der Regierung, hier die richtigen Anreize zu schaffen, um Startup-Investments endlich salonfähig zu machen.

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Du hast via dem Investoren-Netzwerk primeCROWD mit zahlreichen Startup-Beteiligungen Einblick in viele Jungfirmen. Droht eine Pleitewelle, oder wird das Gros den Corona-Schlag verkraften?

Das ist ein Frage, die ich mir auch laufend stelle, und habe diese zum Anlass genommen, mich mit den Gründerteams von unserem Portfolio bei primeCROWD länger auszutauschen. Interessanterweise haben so gut wie alle Firmen von Corona profitiert. Ich habe mir überlegt, warum das so ist, und ich denke mir, dass eine größere Akzeptanz der Gesellschaft von Digitalisierung und Technik per se den meisten Startups hilft – da diese ja äußerst modern und digital denken. Selbst bei Startups, die in Branchen wie Gastronomie oder Travel arbeiten, wurden in unserem Portfolio gute Ergebnisse erzielt. Es zeigt sich hier wieder, dass jede Krise auch eine Chance bietet, sich neu zu definieren oder neue Geschäftsfelder zu betreten.

Viele warten gespannt auf die Austrian Limited bzw. eine Reform des Gesellschaftsrechts, während im Hintergrund viel Lobbying betrieben wird. Kann eine neue Gesellschaftsrechtsform ein Hebel für mehr Gründungen sein?

Ich habe mich bei dem Thema bewusst zurückgehalten, weil es für mich wieder nach einer Kompromisslösung klingt. Du probierst eine Gesellschaftsform in ein bestehendes Recht zu integrieren, welches das amerikanische Modell gar nicht kennt und auch nicht darauf ausgelegt ist.

Im Endeffekt wäre es doch ganz einfach. Man nimmt eine amerikanische Delaware Company, unter dessen Konstrukt beinahe alle Startups in Silicon Valley laufen, und kopiert dieses System 1:1 für Österreich. Wieso kopiere ich nicht ein Modell, dass woanders toll funktioniert, sondern baue wieder ein eigenes Konstrukt? Ich verstehe es nicht ganz, und im Endeffekt sind die Leittragenden am Ende des Tages wieder mal die Unternehmer und Gründer.

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Du hast vor kurzem als Business Angel selbst einen Exit hingelegt bei 1000things (mehr dazu hier). Gib’ uns mal Einblicke in den Deal – konntest du da einen guten ROI erwirtschaften?

Ja wir haben hier letzte Woche die finalen Verträge unterzeichnet und ich habe im Zuge eines Neueinstiegs eines großen Investors meinen Exit gemacht. Die genauen Zahlen, kann ich natürlich nicht nennen, aber es hat sich für mich neben dem finanziellen Ertrag auch erfahrungstechnisch sehr für mich gelohnt. Die Frage ist ja immer, wieviel Mehrwert kannst du als Business Angel in das Startup bringen und ich denke mir mittlerweile, dass man als Early Business Angel auch nicht bis zum Ende bleiben sollte. Idealerweise unterstützt du das Team beim Aufbau und bei den ersten Wachstumsschritten – sobald jedoch eine gewisse Größe erreicht, sollte man andere Spieler involvieren – in diesem Fall ein großes Medienhaus oder bei anderen Startups ist es dann oft ein großer, internationaler VC-Fund.

Somit hab ich nun hier nach 5 Jahren meinen Exit gemacht und kann hier auch anderen Investoren klar mitgeben: Ihr müsste nicht immer bis zum Ende bleiben und euer Geld sieben bis zehn Jahre binden. Es ist genauso vernünftig, drei bis fünf Jahre in einer Firma zu bleiben und dann bei einer Series A wieder rauszugehen. Ich glaube, das erspart dann auch vieles an Diskussionen am Ende des Tages, denn eins ist klar: Je erfolgreicher die Firma wird und je größere die Summen werden, die VC-Funds in das Startup stecken, desto weniger Einfluss hast du, und dein Mitspracherecht ist dann quasi Null.

Somit ist es mein Schluss, dass ein erfolgreiches Investment auch immer mit einem guten Vertrauensverhältnis mit den Gründern einhergeht. Sobald man merkt, dass dies – meistens aufgrund der Größe einer Firma – nicht mehr geht, sollte man sich überlegen auszusteigen.

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