Gastbeitrag

Influencer Marketing: Wie Sony Instagramer nutzte, um in einem schweren Kamera-Segment Fuß zu fassen

Bilder aus Sonys Instagram-Kampagne. © Bobby Anwar/Dan Rubin/Sony
Bilder aus Sonys Instagram-Kampagne. © Bobby Anwar/Dan Rubin/Sony

Sony-Kameras waren nicht immer in der ernstzunehmenden Auswahl bei Fotografen. Während Nikon und Canon den Ton angaben, musste Sony sich bei der Einführung ihrer Systemkameras der Alpha-Serie etwas überlegen, um an die Zielgruppe heranzutreten. Eine langfristige Zusammenarbeit mit dem dänischen Fotografen, Filmemacher und Influencer Bobby Anwar war einer der Bausteine, um Sony nachhaltig als relevanten Kamerahersteller bei Fotografen zu positionieren.

Best Practice: Sony #MYLI Projekt

Bobby entwickelte das Konzept für #MYLI (Meet Your Local Instagrammer) und besuchte über ein halbes Jahr hinweg insgesamt 30 Instagramer in ganz Europa (jeweils 2 in jedem Land von UK über Schweden bis Österreich) um diese mit einer Sony-Kamera auszustatten und in einem Film-Portrait zu verewigen. Die teilnehmenden Instagramer erhielten die Kamera und teilten einen kurzen Ausschnitt des Videos auf ihren Kanälen.

https://www.instagram.com/p/_pY1ylxjzJ/?tagged=myli_anwar

Die richtigen Influencer, die passende Zielgruppe

Die portraitierten InstagramerInnen zählen in ihren Ländern jeweils zu den reichweitenstärksten und bekanntesten InfluencerInnen im Bereich “Fotografie” – von Dan Rubin (700k+ Follower, UK) über Berlinstagram (400k+ Follower, DE) bis zu Vutheara (1,2 Mio. Follower, FR). Ihnen folgt man nicht wegen ihres Lifestyles oder ihres Looks, sondern wegen ihrer Fotografie. Die Auswahl der InfluencerInnen war also genau auf die Zielgruppe der Sony Systemkameras zugeschnitten – Fotografie-Interessierte.

Der Erfolg: Nachhaltige Verankerung der Marke

Der wohl größte Erfolg: Viele der portraitierten Instagramer arbeiten noch heute vorwiegend mit Sony-Systemkameras (und glauben Sie uns, diese Instagramer werden täglich gefragt mit welcher Kamera sie fotografieren!). Der Grundstein wurde während des #MYLI-Projektes gelegt.

Ana erwähnt Sony als ihre Kamera in ihrer Profilbeschreibung!

Sony hat mit diesem vermeintlich “kleinen” Projekt aber auch mit zum Erfolg der Systemkameras bei Fotografie-Interessierten Instagramern beigetragen (wobei dies natürlich schwer mit Zahlen belegbar ist).

Neues Jahr, neues Projekt

Mit einigen der portraitierten Instagramern arbeitet Sony auch im nächsten Jahr weiterhin zusammen: So war eine Gruppe Instagramer zum Launch der neuen Alpha 7 Systemkamera auf einer wiederum von Bobby Anwar organisierten Japan-Reise.

https://www.instagram.com/p/BEW9npyASWn/?taken-by=danrubin

https://www.instagram.com/p/BOhwYGPBr0A/?tagged=ase7ens

Die Kritik – Teil 1: Fehlende Content-Verwertungskette

Wenn man das #MYLI-Projekt kritisch betrachtet, wird klar, dass hier aus dem entstandenen Content noch deutlich mehr herausgeholt hätte werden können. Das europaweite Projekt wurde international nur ein einziges Mal auf der Website von Sony UK präsentiert und auf Instagram ausschließlich vom @sonynordic-Kanal verwertet. Hier fehlte es wohl an der notwendigen länderübergreifenden Abstimmung zwischen den Sony-Büros.

Sony Europe hat auf dem eigenen Youtube-Kanal nicht einmal alle Video-Portraits hochgeladen und scheinbar auch kein Ad-Budget eingesetzt um diese zu teilen. Während die Kampagne auf Instagram eine starke Sichtbarkeit hatte – wurde der wertvolle Content auf Youtube nicht ausreichend genutzt.

(Screenshot)

Bei dem Folgeprojekt im Jahr 2016 wurde das entstandene Video zumindest breiter gestreut und erreichte 14.000 Views – im Vergleich zu den über 180 Instagram-Posts der Teilnehmer allerdings ein Tropfen auf den heißen Stein.

Die Kritik – Teil 2: Fehlende Nachbetreuung & weiterführende Kooperation

Ein weiterer Kritikpunkt hängt eng mit dem vorigen Punkt zusammen. Es fehlte an einer professionellen Nachbetreuung der Influencer. Während Bobby Anwar in engem Kontakt mit Sony Nordic war, wurden die Länderorganisationen und damit die lokalen, portraitierten Influencer nicht eingebunden. Damit wurde er aufgebaute Kontakt mit den teilnehmenden Influencern nicht weiter vertieft.

Sony betreibt international beispielsweise das “Global Imaging Ambassadors”-Programm mit renommierten Fotografen. Ein ähnliches Ambassador-Netzwerk hätte man gleich anschließend an #MYLI europaweit speziell für Instagramer aufbauen können – mit ganz neuen Spielregeln und Zielgruppen. Hier wurde also eine Chance verpasst!

Das Fazit

Wer A sagt, muss auch B sagen! Wer sich auf eine langfristige Zusammenarbeit einlässt, sollte auch wirklich langfristig denken. Speziell wenn es um internationale Projekte geht (was sich im Influencer Marketing oftmals anbietet, um regionale Streuverluste zu Streugewinnen zu machen), müssen alle Länderorganisationen eingebunden werden und lokal mit den Influencern weiterarbeiten.

Mehr Tipps für die Gestaltung von langfristigen Influencer-Marketing-Projekten finden Sie in diesem Blogbeitrag von Marion Vicenta Payr.

Influencer Marketing: „Es wurde genug gebashed, aber auch genug geträumt“

Kommentar der anderen Seite – die Marketer-Sicht

von Thomas Meyer von www.swat.io

Jede Branche hat Meinungsmacher, und jede starke Marke hat starke InfluencerInnen. Dies wird durch die Kampagne von Sony wieder einmal bestätigt.

Die Systematik an sich war nicht revolutionär: Reichweitenstarken InfluencerInnen das eigene Produkt in die Hand zu geben und eine begleitende, nette Story zu basteln, ist nicht neu, aber effizient wenn a) die Zielgruppe passt und b) die Chancen gut stehen, die entsprechenden Meinungsmacher zu MarkenbotschafterInnen zu machen.

Ich möchte weder auf die Kampagne selbst eingehen (da diese von Marion schon ausgezeichnet analysiert wurde) noch auf die Tatsache, dass in vielen Posts nicht richtig gekennzeichnet wurde (dies muss aufhören…) – sondern darauf, dass es eben nur eine Kampagne war.

Kampagnen-Denken war gestern – langfristige Strategie ist heute.

Influencer Marketing wurde und wird oft, und dies zu Recht, als kurzsichtig kritisiert. Reichweiteneinbrüche, fehlende Conversions (und das fehlende Know-How, diese anzukurbeln) und mangelnde Ressourcen werden durch spontane “Hey, wir könnten doch mal Influencer-Marketing ausprobieren”-Aktionen überbrückt.

Was bedeutet das?

Social-Media-Plattformen wie Facebook oder Instagram bieten heute nicht nur Konsumenten ausreichend Möglichkeiten an, mit deren favorisierten Marken in Kontakt zu kommen bzw. zu bleiben, sondern auch Marken mit deren InteressentInnen. Egal ob via breitem, auf Reichweite ausgerichtetem Advertising oder gezieltem Retargeting auf Menschen, die bereits mit mir in Kontakt waren: Ziel ist es, potentielle Interessenten in  den Sales-Funnel zu “begleiten” bzw. Menschen, die sich bereits darin befinden, zu Kunden zu machen.

Sales-Funnel

Stark vereinfacht bedeutet dies, den Entscheidungs- und Kaufprozess in Einzelprozesse aufzudröseln: Gerne abstrahiert mit dem A.I.D.A.-Modell erklärt: Attention, Interest, Desire, Action.

Warum definiert man einen Entscheidungs- und Kaufprozess? Weil an jeder Stelle der Customer Journey andere Marketingmaßnahmen nötig sind. Und genau dies ist der Grund, warum Online-Marketer nicht in Einzelkampagnen denken sollten, sondern langfristig und angepasst an das jeweilige Stadium in dem sich der/die KundIn befindet.

Zurück zu Sony. Die Kampagne war ganz klar eine Awareness-Kampagne – sie sollte also in unserem A.I.D.A-Modell Interest und Desire erzeugen. Gut, das gelang ihnen. Und dann? Wie von Marion aufgezeigt, waren die Folgemaßnahmen sehr gering und die ganze Aktion verlor sich in sich selbst. Was melodramatisch klingt, kann für manche Marken verheerend sein – denn es wird viel Geld in eine Kampagne investiert, der ROI bleibt aus und das Budget wird gekürzt – Yeah…:-(

Es wurde meiner Meinung nach großes Potential vernachlässigt und eine Schar an potentiellen Kunden am Eingang des Funnels alleine stehen gelassen.

Desire und Action sind somit Prozesse, die auf Influencer-Marketing-Aktionen aufbauen und mitbedacht werden müssen. Wie genau die Maßnahmen aussehen, obliegt dem Unternehmen und ist von Fall zu Fall verschieden (reicht von Offline-Aktionen hin bis zu digitalen Retargeting-Kampagnen)

Conclusio

Sony schaffte mit seiner Aktion ein positives Markenbild und Awareness im bis dahin schwer erreichbaren Segment professioneller Fotografie. Dies gelang mit der richtigen Auswahl an Influencern und einer runden, netten Story sehr gut.

Meiner Meinung nach fehlte jedoch der Fokus (#wortwitz) auf das große Ganze. Genauso wie unternehmensintern Abteilungen wie Marketing, Vertrieb, Produktentwicklung und Support zusammenarbeiten müssen, müssen auch Marketingkampagnen zusammenarbeiten, um den Kunden zu gewinnen, zu halten und glücklich zu machen.

Marion Vicenta Payr ist Fotografin, Instagramerin und Reisebloggerin. Seit 2011 fotografiert sie für ihren Instagram-Kanal @ladyvenom und seit 2017 auch für ihren Reiseblog www.thetravelblog.at. Sie hat Journalismus an der FHWien studiert und 9 Jahre lang in Medienunternehmen im Marketing gearbeitet. Im Jahr 2016 hat sie sich in Wien selbstständig gemacht – im übrigen  als Berufsfotografin, weil es für “Influencer” noch kein geeignetes Gewerbe gibt. Durch ihre jahrelange Erfahrung aus der Marketing-Praxis bei Unternehmen wie Sky und ihre selbstständige Tätigkeit kennt sie das Thema Influencer Marketing von beiden Seiten. Sie hält international Workshops und spricht bei Konferenzen zu dem Thema und scheut sich dabei nicht auch kritisch zu sein. Sie wird in dieser Kolumne die Influencer-Perspektive beleuchten.

Thomas Meyer studierte Betriebswirtschaft und landete vor mittlerweile 6 Jahren im digitalen Marketing. Zusätzlich zu seiner Tätigkeit bei Die Socialisten, einer Wiener Social Software Agentur mit den Produkten Swat.io und Walls.io unterrichtet er an der FH Kufstein und an der Werbeakademie Wien Social Media Marketing. Jüngst erarbeitete er sich in Kooperation mit der Influencer- und Social Media Agentur „Sososocial” Insights und Wissen rund ums Influencer Marketing. Er wird in dieser Kolumne die Sicht von „außen” beschreiben bzw. Strategie, Konzept und Umsetzung bewerten.

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