Kommentar

Impfpflicht in der Firma: Unternehmer:innen müssen sich einer schweren Frage stellen

COVID-Impfung. © Mika Baumeister on Unsplash
COVID-Impfung. © Mika Baumeister on Unsplash
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Öffentlich wird ungern darüber gesprochen, aber aus persönlichen Gesprächen weiß man: Unternehmer und Firmenchefs auf der ganzen Welt beginnen angesichts einer drohenden vierten Welle im Herbst darüber nachzudenken, ob sie theoretisch auf eine Impfpflicht setzen könnten, um dem nach wie vor grassierenden Virus im zweiten Jahr der Pandemie Einhalt zu gebieten.

Während in Österreich und Deutschland rechtlich eine Verpflichtung zum Impfen nicht möglich ist, preschen Konzerne in den USA voran. Google und Facebook haben angekündigt, dass Mitarbeiter nur ins Büro zurückkehren dürfen, wenn sie eine COVID-Impfung nachweisen können, ähnliche Regeln gibt es auch bei Netflix oder der Washington Post von Jeff Bezos. Aber nicht nur intern, auch kundenseitig beginnen sich Unternehmen dafür zu entscheiden, nur mehr Geimpfte in die Läden zu lassen. Prominentestes Beispiel: Die Union Square Hospitality Group lässt in ihren Restaurants nur mehr geimpftes Personal und Gäste zu.

In Österreich oder Deutschland können Unternehmen anders als in den USA nicht einfach selbst eine Impfpflicht einführen – die müsste der Gesetzgeber vorgeben. „Nach der aktuellen Rechtslage können Arbeitgeber ihre Mitarbeiter nicht dazu verpflichten, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen“, so AK-Rechtsexpertin Brigitte Ohr. Für bestimmte Arbeitsgruppen wie etwa die Pflege gibt es nach Epidemiegesetz aber die Grundlage, Impfungen anzuordnen, und für Gesundheitsberufe gibt es dringende Impfempfehlungen.

▷ Coronavirus [26. November]: 12.245 Neuinfektionen, 66,34 Prozent mit vollständigem Impfschutz

Zum Schutz verpflichtet?

Es gibt aber auch folgende Rechtsansicht: „Wenn der Arbeitgeber seine Belegschaft, aber auch Dritte, denen gegenüber er zum Schutz verpflichtet ist (z.B.: Kunden und Patienten) nur so vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus schützen kann, dass alle geimpft werden, dann ist eine Impfpflicht im Arbeitsverhältnis zu bejahen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der Großteil der Belegschaft sich impfen lässt, und einige wenige dies verweigern“, so etwa die Juristen der Kanzlei Lansky, Ganzger + partner.

Auch können Arbeitgeber indirekt reagieren, indem sie nicht Geimpften Konsequenzen angedeihen lassen. „Da generell in vielen Bereichen der Arbeitswelt kein Kündigungsschutz besteht, können Kündigungen jederzeit ohne Angabe von Gründen ausgesprochen werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann es z.B. auch zu Versetzungen kommen“, heißt es seitens Arbeiterkammer. Arbeitgeber könnten sich sogar zu solchen Handlungen gedrängt fühlen, wenn die Mehrheit der Mitarbeiter geimpft sind und nicht mit dem ungeimpften Rest so ohne weiteres zu tun haben wollen.

Wie reagieren Mitarbeiter und der Markt?

Aber auch wenn es (was sehr unwahrscheinlich ist) eine Möglichkeit zur Impfverpflichtung geben sollte, müssen sich Unternehmer die Frage stellen, ob sie davon Gebrauch machen sollten. So könnten es viele Mitarbeiter gut heißen, weil sie sich im Büro geschützter fühlen, genauso aber könnten Impfgegner dann für sehr viel Unruhe im Betrieb sorgen. Auch die externe Kommunikation gälte es zu berücksichtigen: Wenn man nur mehr geimpfte Kunden zulässt, um diese wie die eigenen Mitarbeiter zu schützen – wie kommt das am Markt an? Und würde man dann manche Kunden an die Konkurrenz verlieren, die nicht auf eine Impfung bestehen?

Am Ende sind es große moralische Fragen: Kann man als Unternehmen überhaupt das Recht auf Selbstbestimmung der Mitarbeiter überstimmen? Und: hat der Einzelne nicht ohnehin Gruppenverantwortung und sollte gar keine Pflicht auferlegt bekommen?

Eine klare Antwort auf die Frage der Impfpflicht gibt es nicht – aber die Diskussion an sich wird angesichts der einsetzenden Impfmüdigkeit und dem hohen Ziel der Herdenimmunität in den nächsten Wochen und Monaten Fahrt aufnehmen.

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