Interview

Herbert Gartner von eQventure: „Österreich fehlt eine technische Eliteuniversität“

Herbert Gartner von eQventure. © Martin Wiesner
Herbert Gartner von eQventure. © Martin Wiesner
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12 Millionen Investment in USound, ein Exit mit nxtControl und ein stetig wachsendes Portfolio mit Firmen wie Appers, Meo Energy, NextSense oder Stirtec: Mit der Beteiligungsgesellschaft eQventure aus Graz hat die österreichische Tech- und Startup-Szene einen wichtigen neuen Player bekommen. Ihr Mastermind ist der Business Angel Herbert Gartner, der als Mitgründer der 2011 verkauften Firma SensorDynamics viel Geld gemacht hat. Mit einem Netzwerk aus mittlerweile 60 Angels fokussiert er heute auf Investments in DeepTech-Firmen.

Im Interview mit Trending Topics spricht Gartner über die Qualität österreichischer Startups, seine Positionierung im Ökosystem und die Notwendigkeit einer technischen Eliteuniversität für das Land.

Trending Topics: Sie waren Mitgründer von SensorDynamics, das 2011 um 164 Millionen Euro verkauft wurde. Mit eQventure machen Sie jetzt Startup-Investments. Wie kam es dazu?

Herbert Gartner: Nach dem Verkauf der SensorDynamics arbeitete ich noch eine limitierte Zeit beim US-amerikanischen Käufer, um mich daraufhin auf das zu konzentrieren was ich am besten kann: Firmen aufzubauen. So investierte ich das durch den Verkauf verdiente Geld wieder in junge Technologiefirmen. Zusammen mit anderen Angel Investoren begannen wir 2012 unsere Investments über Treuhandgesellschaften zu bündeln. So entstand schließlich die eQventure. Wir sind kein Fonds sondern ein Investment Club für erfolgreiche Unternehmer und Angel Investoren, die Deal-by-Deal ihre Entscheidungen treffen und ihre Investments über eQventure treuhändig bündeln.

Wer sind die Leute, mit denen Sie die Investments machen?

Neben mir sind es erfolgreiche Unternehmer wie zum Beispiel Franz Salomon (ehemals Salomon Automations, Anm.) oder Christian Klemm, die als Lead-Investoren eQventure-Deals managen. Inzwischen haben wir eine hohe Schlagkraft erreicht: 2016 waren wir bei Neuinvestitionen eigenen Informationen zufolge der größte österreichische Risikokapitalgeber. Dabei greifen wir auf  einen Pool von bis zu 60 qualifizierten Angel-Investoren zu. Außer Hermann Hauser können wir diese nicht namentlich nennen, da Vertraulichkeit vereinbart wurde. Es sind jedenfalls größtenteils österreichische und deutsche Unternehmer, die sich des unternehmerischen Risikos bewusst sind. Das Verrückte bei Seed-Investments ist, dass wir als Lead-Investoren bzw. Angel-Investoren Geld einzahlen und dafür noch Arbeit ausfassen. Da es aber großen Spaß macht, jungen, Erfolg versprechenden Unternehmen auf die Beine zu helfen und wir einen entsprechenden Return erwarten, funktioniert unser Investment Club ganz gut.

Sie fokussieren auf Deep Tech. Gibt es da in Österreich überhaupt genug Firmen, die investierbar sind?

Oh ja, da gibt es sehr viele, aber es könnten natürlich mehr sein. Gerade die Steiermark ist, gemessen an den Forschungs- und Entwicklungsausgaben in Relation zum Bruttoinlandsprodukt, hinter Bayern die zweitinnovativste Region Europas. DeepTech-Investments sind natürlich auch risikoreich, weil es lange Entwicklungszyklen gibt. Ein Beispiel: Das Fax wurde 1843 vom Schotten Alexander Bain erfunden und  patentiert. Wenn man damals in diese Technologie investiert hätte, hätte man eine Burn-Rate von 130 Jahren finanzieren müssen, weil sich das Fax erst in den 1970er Jahren durchsetzte. Auf der anderen Seite sind Geschäftsmodelle, die auf DeepTech basieren, meist keine 0/1-Risken, wie es oft in anderen Bereichen der Fall ist. Man benötigt aber einen längeren Atem.

Bei der Auswahl von Startups setzen viele Business Angels vor allem auf das Team. Funktioniert das auch bei DeepTech, wo es ja doch auch um Patente etc. geht?

Das Team ist essenziell. Man darf sich von der Technologie nicht irreleiten lassen, wenn das Team dahinter nicht passt. Lücken im Team kann man maximal noch in der sehr frühen Inkubationsphase schließen, danach ist dies immer schwierig. Wir haben in der Inkubations- bzw. Angel-Phase schon Gründer-Teams komplett neu zusammengestellt und mit den passenden Business Angels den Rücken gestärkt. Am liebsten sind uns aber Unternehmens-Spin-offs, also Leute aus der Industrie, die eine gute Idee für ein skalierbares Produkt in einem wachsenden globalen Markt haben und diese Idee nicht in ihrer Firma umsetzen können oder dürfen, weil zum Beispiel die Produktidee nicht zum Firmenfokus zählt.

Hansi Hansmann hat zuletzt im Interview gesagt, dass es in Österreich nicht genug Startups von entsprechender Qualität gibt. Wie kann man das lösen?

Uns fehlt eine technische Eliteuniversität, wie sie die Schweiz mit der ETH Zürich hat. Eine solche Einrichtung würde ich mir für Österreich sehr wünschen, da diese eine starke Quelle der Innovation und der Neugründungen wäre. Das würde auch uns DeepTech-Investoren das Leben leichter machen.

Wie viel investiert eQventure im Schnitt in Jungfirmen?

Unsere Runden sind in der Regel zwischen einer Viertel und zwei Millionen Euro groß, die Prozente, die wir dafür bekommen, hängen natürlich komplett von der Entwicklungsphase des Unternehmens ab.

Im Konzert der österreichischen Risikokapitalgeber – welche Rolle nimmt eQventure neben Speedinvest, startup300, Apex Ventures, den vielen Business Angels usw. ein?

Wir fokussieren uns auf österreichische Deep-Tech-Projekte mit skalierbaren Produkten für den globalen Markt in den Bereichen ICT, IoT, Smart Grids, Sensors, Semiconductor, MEMS, Mechatronics, Robotics und Material Science. Da kommen wir uns mit den vielen anderen Investoren nicht in die Quere. Andere österreichische DeepTech-Investoren sind etwa Hermann Hauser, tecnet, der aws Gründer Fonds und bald auch capital300. Aber das ist keine Konkurrenz, sondern Kooperation. Im Silicon Valley macht man das ähnlich, zum einen, um sich das finanzielle Risiko aufzuteilen, und zum anderen, um die Netzwerke zu maximieren.

Einen Fonds wollten Sie nie machen?

Nein, wir wollen kein fremdes Geld verwalten. Die Partner von eQventure müssen nicht mehr von Management-Fees leben. Auch wollen wir uns nicht vom Investitionsdruck eines Fonds unter Druck setzen lassen. In unserer Struktur trägt jeder Lead-Investor, jeder Partner und jeder Drittinvestor sein persönliches unternehmerisches Risiko, Deal-by-Deal und genießt dabei die unternehmerische Ungebundenheit und Freiheit.

Was sagen Sie zu den Initiativen der Politik, Startups in Österreich zu fördern?

Ob staatliche Förderungen volkswirtschaftlich langfristig wirklich der richtige Weg sind, sollte man sich noch einmal genau ansehen. Besser wären meines Erachtens steuerliche Anreize für Privatinvestoren, da können wir uns von anderen Ländern viel abschauen. Es ist jedenfalls gut, dass derzeit viel in Bewegung ist. Die Richtung stimmt, aber wir müssen besser werden.

Die staatliche Förderbank argumentiert, dass sie Marktversagen festgestellt hätte und dieses mit öffentlichen Geldern ausgleichen müsse.

Ja, aber das könnte man auch anders machen. Der Markt darf meines Erachtens durch öffentliche Gelder nicht zu stark verzerrt werden. Um die Sache zu beschleunigen, reichen meines Erachtens einfache steuerliche Anreize für Privatinvestoren aus. Aufgrund des aktuellen Niedrigzins-Umfeldes ist derzeit für Startups ausreichend privates Kapital am Markt vorhanden. Ein echtes Markversagen gab es nur mit einer gewissen Zeitverzögerung, bis die entsprechenden Fonds nach dem Platzen der Dot-Com Blase leer waren, und dann erneut nach der Finanzkrise.

Wenn Firmen wie nxtControl, in denen Sie investiert sind, an ausländische Unternehmen verkauft werden – ist es Ihnen wichtig, dass die Standorte in Österreich behalten werden?

Bei Deep-Tech Firmen geht das gar nicht anders. Patente und Software-Codes sind nichts wert ohne die Mitarbeiter und ihr Know-how. Wenn etwa Schneider Electric nxtControl kauft (Trending Topics berichtete), ist es klar, dass das erstens nur in enger Zusammenarbeit mit den Gründern geht, zweitens der Standort in Österreich gefestigt wird und drittens dieser auch ausgebaut wird. Man kann ja nicht einfach alle Mitarbeiter nach Frankreich übersiedeln. Außerdem agieren alle unsere Beteiligungsfirmen international. Wir denken nicht von Bregenz bis Eisenstadt, sondern von San Francisco bis Shenzhen. Auch wenn ein chinesisches Unternehmen eines unserer österreichischen Deep-Tech-Unternehmen kauft, dann wissen die Chinesen genau, dass das nur funktionieren kann, wenn das Unternehmen in Österreich bleibt und von hier aus ausgebaut wird. Die Technologien, die wir hier in Österreich aufbauen, müssen auf jeden Fall einen global Durchbruch schaffen, damit das österreichische Unternehmen floriert. Eine Akquisition durch ein multinationales Unternehmen bietet eine große Chance, um diesen globalen Durchbruch zu erzielen, auch wenn damit bekannte Merger- und Integration-Risiken verbunden sind.

Ist der Exit bei jedem Ihrer Investments das Ziel?

Nein. Wir müssen unsere Unternehmen nicht unbedingt verkaufen. Auch eine Dividendenstrategie, ein partieller Verkauf oder partieller Börsengang sind eine Option. Auch werden einige unserer Unternehmen zukünftig den Spieß umdrehen und französische, chinesische oder amerikanische Firmen kaufen. Wir befinden uns in einem globalen Markt.

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