Kritik

Geplantes Gesetz gegen Hass im Netz könnte kleine Online-Firmen bremsen

Ministerin Karoline Edtstadler, Justizministerin Alma Zadic, Ministerin Susanne Raab und Grüne-Klubobfrau Sigrid Maurer präsentieren das Gesetzespaket gegen "Hass im Netz". © BKA
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Das durchaus umstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) in Deutschland ist das Vorbild, nun liegt es in Österreich am Tisch: Am Donnerstag haben in Wien Verfassungsministerin Karoline Edtstadler, Justizministerin Alma Zadic, Ministerin Susanne Raab und Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer das neue, lange angekündigte Gesetzespaket gegen „Hass im Netz“ vorgestellt.

Nach vielen Problemen mit Hass und Hetze gerade auf Social Media, aber auch in Online-Foren und den Kommentarsystemen bei Online-Zeitungen sollen neue Regeln für eine Verbesserung der Gesprächskultur im Netz sorgen und Opfern von digitaler Hassrede ein schnelles, einfaches und günstiges Mittel geben, sich zur Wehr setzen zu können. Denn bisher waren oft teure und lange Prozesse notwendig, um Opfer von Hassrede zu entschädigen. Vor allem Frauen und da junge Mädchen sollen von dem Gesetz profitieren, weil diese besonders oft Opfer von Hass im Netz werden, so Justizministerin Zadic (Grüne).

Löschen in 24 Stunden

Was ist nun also geplant? Das geplante Kommunikationsplattformen-Gesetz – KoPl-G, dessen Entwurf nun vorliegt, verpflichtet Online-Plattformen ab einer bestimmten Größe dazu, klar rechtswidrige Inhalte binnen 24 Stunden nach Meldung zu entfernen. Wenn die Sache weniger eindeutig ist, dann muss der Inhalt innerhalb von sieben Tagen entfernt werden. Gelten soll es für 15 Straftaten wie Verhetzung, Nötigung, Stalking oder Herabwürdigung religiöser Lehren.

Plattformen wie Facebook und YouTube werden verpflichtet, dass sie ein „wirksames und transparentes“ Meldesystem zur Verfügung stellen, über das Nutzer vermutlich rechtswidrige Postings melden können. Anders als in Deutschland werden sie vom Gesetzgeber aber nicht dazu verpflichtet, bei den Ermittlungsbehörden Meldung zu machen. Aber: Gelöschte Postings müssen 10 Wochen für Beweis- und Strafverfolgungszwecke gespeichert werden. So genanntes „Overblocking“ soll verhindert werden, indem Nutzer, die meinen, dass etwas irrtümlich gelöscht wurde, das Recht auf eine Überprüfung haben.

Medienfirmen ausgenommen

Am Spannendsten ist nun, für wen das geplante Gesetz gilt. Grundsätzlich sollen die Regeln für alle Online-Plattformen mit mehr als 100.000 registrierten Nutzern und mehr als 500.000 Euro Jahresumsatz gelten. Vom KoPl-G ausgenommen sind Medienfirmen, die vorrangig journalistische Dienste bereitstellen (also derstandard.at, krone.at und Co.), Online-Händler (z.B. Amazon) sowie nicht gewinnorientierte Online-Enzyklopädien, also etwa Wikipedia (und seine berüchtigten „Edit Wars“).

Strafen gegen einen Verstoß gegen die Löschung von Hassinhalten wird es auch geben, und zwar bis zu zehn Millionen Euro. Allerdings nur dann, wenn es systematisch schwere Verstöße gegen das KoPl-G gibt. „Strafen gibt es nicht, wenn eine Plattform einmal ein Posting nicht löscht, sondern nur bei systematischen Verletzungen“, sagte Verfassungsministerin Karoline Edstadler (ÖVP).

„Das halbe Internet erwischt“

Kritik an dem Gesetzesentwurf gibt es von der Opposition (FPÖ: „Zensur unliebsamer Meinungen“; SPÖ: „großer Wurf sieht anders aus“; NEOS: „Grenzen zu niedrig“) sowie von Datenschützern und Internet-Firmen. Ein immer wiederkehrendes Thema in der Kritik: Das geplante Gesetz würde viele kleine Firmen treffen, während sich die großen US-Plattformen Facebook oder Google (YouTube) die Strafen von bis zu 10 Mio. Euro locker leisten könnten.

„Mit der Schrotflinte auf Google gezielt und dabei das halbe Internet erwischt“, heißt es etwa seitens der Datenschutzorganisation epicenter.works. „Durch diese breite Definition sind zum Beispiel auch Chat-Funktionen von Spielen wie World-of-Warcraft, Rezepte-Plattformen oder Open-Source-Entwicklungsplattformen betroffen. Das eigentliche Problem liegt aber in den Schranken, die man zukünftigen Innovationen auferlegt. Ein Startup, das heute vielleicht noch unter der 500.000 Euro Umsatzgrenze liegt, hat einen Anreiz klein zu bleiben. Anbieter aus dem europäischen Binnenmarkt müssen Angst haben in Österreich populär zu werden.“

„Existenzbedrohend“

Die NEOS befürchten Ähnliches. „Für ein kleines, innovatives europäisches Unternehmen sind 10 Millionen Euro existenzbedrohend, Facebook und Google zahlen das aus der Portokasse“, heißt es seitens NEOS-Digitalisierungssprecher Douglas Hoyos.

Kritik gibt es auch, weil Österreich nach Deutschland und Frankreich einen Alleingang macht und nicht auf den von der EU geplanten europaweiten „Digital Services Act“ wartet, der quasi ein Grundgesetz für Online-Plattformen werden sollte. „Nur eine europäisch einheitliche Regelung kann zum erfolgreichen Standard werden und sich weltweit durchsetzen. Unabgestimmte Einzelgänge bringen uns hier nicht weiter“, so ISPA-Generalsekretär Maximilian Schubert. Mitglied der ISPA sind auch Google und Facebook.

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