Reform

Fiktive Verzinsung soll Eigenkapital österreichischer Firmen stärken

Monika Köppl-Turyna (Eco Austria) und Finanzminister Blümel (ÖVP). © BMF/Wenzel
Monika Köppl-Turyna (Eco Austria) und Finanzminister Blümel (ÖVP). © BMF/Wenzel
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Zinsen, die man für Fremdkapital (ergo Kredite) bezahlt, kann man in Österreich steuerlich absetzen, aber Eigenkapitalzinsen nicht. Diese „Diskriminierung“ will das Finanzministerium nun loswerden und so einen Weg gefunden haben, um die in Österreich traditionell sehr schwache Eigenkapitalausstattung zu heben. Der Weg dazu ist die so genannte „fiktive Eigenkapitalverzinsung“: Dabei wird ein fiktiver Zinssatz angenommen, der bei den Unternehmenssteuern in Abzug gebracht wird. Eigenkapital würde so mit Fremdkapital zumindest steuerrechtlich gleichgestellt werden.

„Wir müssen Unternehmer dazu motivieren, mehr Eigenkapital aufzubauen, um unabhängiger und krisenfester zu werden. Das Steuerrecht ist dabei ein wichtiger Hebel und gibt uns die notwendigen Mittel in die Hand. Derzeit kann man Zinsen, die man für Fremdkapital bezahlt, steuerlich absetzen. Analoge Regelungen sollten auch für den Aufbau bzw. Erhalt von Eigenkapital gelten“, so Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) in einer Aussendung. Kosten würde diese Maßnahme je nach Modell zwischen 0,5 und 1 Mrd. Euro, allerdings würde dadurch auch das BIP um bis zu 0,4 Prozent steigen, so der Finanzminister.

Noch nicht fix ist, ob gesamte Eigenkapital zur Eigenkapitalverzinsung qualifiziert werden soll oder lediglich der Eigenkapitalzuwachs, auch die genaue Höhe des Zinssatzes steht noch nicht fest. Die Reform soll sich jedenfalls mittel- und längerfristig rund zur Hälfte über höhere Einnahmen selbst finanzieren.

Zusätzliche Wertschöpfung in Aussicht

Bei den Zahlen beruft sich Blümel auf eine Studie, die von Eco Austria, einem Institut für Wirtschaftsforschung, durchgeführt wurde. „Im internationalen Vergleich ist der Fremdkapitalanteil österreichischer Unternehmen hoch und liegt im oberen Drittel. Das Verhältnis von Fremd- zu Eigenkapital ist in Österreich rund doppelt so hoch wie etwa in Schweden oder der Schweiz“, so die Direktorin von Eco Austria, Monika Köppl-Turyna. Ihren Modellberechnungen zufolge würde das BIP um rund 0,2 Prozent höher als im Basisszenario ohne Reform liegen, was einer zusätzlichen Wertschöpfung im Ausmaß von rund 800 bis 900 Mio. Euro jährlich entspräche. Die Eigenkapitalquote Österreichs würde je nach Szenario um 0,8 bis 1,7 Prozentpunkte wachsen – von derzeit 36 auf bis zu knapp 38 Prozent.

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Eine Wertschöpfung von bis zu 900 Mio. Euro pro Jahr erklärt die Wirtschaftsforscherin so: „Die bessere Kapitalausstattung erhöht die Produktivität der Beschäftigten und damit die Arbeitsnachfrage und die Beschäftigung. Die höhere Produktivität stärkt zudem die verfügbaren Einkommen und damit die private Konsumnachfrage, die durch die Maßnahme um rund ¼ Prozent höher ausfällt.“ Außerdem würden die öffentlichen Einnahmen, insbesondere bei Sozialversicherungsbeiträgen, der Lohn- und Einkommensteuer bzw. Konsumsteuern zulegen, „sodass sich die Reform mittel- und längerfristig rund zur Hälfte über höhere Einnahmen selbst finanziert“.

Große Investoren für Rekapitalisierung fehlen

Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), begrüßt die vorgeschlagene Maßnahme prinzipiell, weil Eigenkapital das „beste Schutzschild für Betriebe in Krisenzeiten“ sei und die von der Pandemie überdurchschnittlich betroffenen Branchen deutlich unter der empfohlenen Eigenkapitalquote liegen (v.a. Tourismus, Freizeitwirtschaft, Transport, Verkehr, Handel, Gewerbe und Handwerk). Allerdings wird auch angemerkt, dass Steuerreformen in punkto Eigenkapital alleine nicht reichen werden – denn dazu muss ja erst mal mehr Eigenkapital in eine Firma geholt werden, zum Beispiel über Investoren. Neben der Eigenkapitalverzinsung spricht sich die WKÖ deswegen für die Einführung eines Beteiligungsfreibetrages von mindestens 100.000 Euro, die Senkung der Körperschaftssteuer (KöSt) auf 21 Prozent und Verbesserungen beim Gewinnfreibetrag aus.

Die Oppositionspartei NEOS begrüßt den Vorstoß des Finanzministers ebenfalls, weist aber ebenfalls auf notwendige weitere Maßnahmen hin. „Rettungspakete wie der Fixkostenzuschuss bevorzugen Schulden gegenüber Eigenfinanzierung, weil sie nur Kreditzinsen ersetzen. Dadurch entsteht eine milliardenschwere Eigenkapitaldiskriminierung. Um treffsicherer zu sein, sollten eher Verluste ausgeglichen als Kosten ersetzt werden“, so NEOS-Budget- und Finanzsprecherin Karin Doppelbauer.

Außerdem würden großen Investoren in Österreich für eine Rekapitalisierung mit Eigenkapital fehlen. Österreich habe gerade einmal 6 Prozent der heimischen Wirtschaftsleistung in privaten und betrieblichen Vorsorgeplänen, Dänemark hingegen über 200, die Niederlande 180 oder Schweden 90 Prozent.

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