Kommentar

Facebook wird wie WeChat werden. Willkommen im digitalen Biedermeier.

© Photo by Rikki Austin on Unsplash
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„Over the last 15 years, Facebook and Instagram have helped people connect with friends, communities, and interests in the digital equivalent of a town square. But people increasingly also want to connect privately in the digital equivalent of the living room.“ – Mark Zuckerberg

Wenn der Mann, der die größte Datensammlung der Welt aufgebaut hat, sagt, dass sich die Menschen zunehmend vom öffentlichen Hauptplatz in die eigenen vier Wände zurückziehen, dann sollte man ihm genau zuhören. Viel wird diskutiert über Mark Zuckerbergs neue Pläne für die Zukunft von Facebook. Weniger öffentlich, mehr privat, Kleingruppen statt Public Posts, Messaging statt News Feed. Messenger und WhatsApp sind Facebooks neue Hoffnungsträger für das Datengeschäft der Zukunft.

Mehr privat, weniger öffentlich

Der Rückzug ins Wohnzimmer, der hat schon mindestens einmal stattgefunden. Biedermeier nennt man die Zeitspanne zwischen dem Ende des Wiener Kongresses 1815 bis zum Beginn der bürgerlichen Revolution 1848. Damals flüchteten sich die Bürger Mitteleuropas nach den dramatischen Zeiten der Französischen Revolution ins Private, während die Herrscher Europas damit beschäftigt waren, die Verhältnisse vor der Französischen Revolution wieder herzustellen. Man richtete es sich gemütlich zu Hause ein, widmete sich der Kunst und der Hausmusik und traf sich zum Kaffeekränzchen.

Berühmt für diese Zeit ist Fürst von Metternich, der im Dienst des österreichischen Kaisers für eine Einschränkung von politischen Freiheiten und eine strenge Zensur sorgte. Facebook ist heute auch bei florierendem Werbegeschäft (das Öffentlichkeit braucht) auf der Suche nach neuen Einnahmequellen. Und hat sein Vorbild in China, wo strenge Zensur herrscht und es keine politischen Freiheiten gibt, gefunden: WeChat.

In den eigenen vier Wänden

WeChat hat 1,1 Milliarden monatlich aktive Nutzer, 900 Millionen davon nutzen WeChat Pay und können damit für Dienste aller Art (Taxi, Essenslieferanten, Shops) bezahlen. eCommerce und Payments, das schwebt auch Zuckerberg vor. Denn wenn sich seine Nutzer zunehmend in privaten Kleingruppen formieren, wird es schwer mit Online-Werbung, die über Masse und Öffentlichkeit funktioniert.

Der Rückzug ins (vermeintlich) Private ist in der digitalen Welt überall zu sehen. Anstatt ins Kino zu gehen, glotzt man stundenlang Netflix-Serien, anstatt ins Restaurant zu gehen, kann man sich die Leckereien nach Hause liefern lassen, anstatt ins Büro zu fahren, kann man Teleworking machen, anstatt shoppen zu gehen, lässt man Amazon liefern.

Gerade ums Smart Home herum werden Geschäftsmodelle gebaut, die uns jegliche Annehmlichkeiten in die eigenen vier Wände bringen. Parallel dazu befindet sich die Demokratie, die von öffentlichem Diskurs lebt, weltweit auf dem Rückzug, wie eine große Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt. Facebooks neuer Fokus auf Private Messaging, der auf Basis von Unmengen an Daten beschlossen wurde, ist ein starkes Zeichen dafür, dass eine digitale Neuauflage der Zeit des Biedermeiers bevorsteht.

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