Interview

T-Mobile vor UPC-Deal: „Wir werden ein Challenger sein, sowohl im B2B- als auch im B2C-Bereich“

Srini Gopalan Vorstandsmitglied der Deutschen Telekom AG für das Segment Europa. © Deutsche Telekom AG
Srini Gopalan Vorstandsmitglied der Deutschen Telekom AG für das Segment Europa. © Deutsche Telekom AG

Nicht bloß Mobilfunk anbieten, sondern auch Festnetz, Kabel-TV und Glasfaser: Diese Strategie verfolgt die Deutsche Telekom in europäischen Märkten mit seinem lokalen T-Mobile-Töchtern. In den Niederlanden holte man sich mit dem Kauf von Tele2 Festnetz ins Haus, in Österreich will man mit der Übernahme von UPC zu einem konvergenten Anbieter werden (die wettbewerbsrechtliche Genehmigung steht noch aus). Darüber hinaus dringt man mit neuen Produkten wie einem smarten Speaker in neue Geschäftsfelder vor und will beim Rollout des neuesten Mobilfunkstandards 5G ganz vorne mitmischen (Trending Topics berichtete).

Trending Topics hat am Mobile World Congress (MWC) in Barcelona die Gelegenheit genutzt, Srini Gopalan, Vorstandsmitglied der Deutschen Telekom AG für das Segment Europa, zu den aktuellen Entwicklungen zu befragen. Gopalan ist ein Telekom-Veteran. Nach seinen Tätigkeiten bei Bharti Airtel in Indien, T-Mobile UK und Vodafone UK ist er bei dem ehemaligen deutschen Staatskonzern jetzt für Technik und Innovation zuständig.

Trending Topics: Der Mobile World Congress stand dieses Jahr ganz im Zeichen von neuen Smartphones und dem kommenden Mobilfunkstandard 5G. Ihre Eindrücke?

Srini Gopalan: Ich bin ein Pragmatiker. All diese Träume, dass 5G die Probleme der Menschheit 2025 lösen werden, sind noch zu weit entfernt. Mich interessiert, was ich heute anschauen und angreifen kann: Einige der Dinge, die mit 5G möglich sind, etwa in Sachen IoT oder Smart Cities. Das sind alles keine Träume mehr, es gibt Fabriken, deren Maschinen allesamt vernetzt sind. Oder nehmen Sie die Stadt Dubrovnik, wo es intelligente Mistkübel gibt, die sich melden, wenn sie voll sind. Es gibt ein Smart-City-Center in Budapest. Das begeistert mich, weil das Internet of Things Realität wird.

5G gilt als die nächste große Revolution im Mobilfunk und wird auch in Österreich bereits getestet. Was wird die Killer-Applikation von 5G sein?

Das wird in Wellen passieren. Das erste wird Narrowband-IoT sein, damit werden Maschinen miteinander vernetzt. Dann wird eine Phase kommen, in der mit 5G für mehr Kapazität in mobilen Netzen sorgen wird. Dann wird Fixed Wireless Access kommen, und dann werden neue Geschäftsmodelle darauf aufbauen, etwa autonome Fahrzeuge oder Edge Network Computing. 5G wird also drei, vier Wellen haben.

(Anmerkung: T-Mobile startete im November 2017 mit dem Narrowband-IoT-Netz und wird im Jahr 2018 den österreichweiten Rollout abschließen).

Einem Bericht von The Economist zufolge fehlt 5G noch ein klarer Business-Case. Wird es eher der B2B-Markt sein als der B2C-Markt?

Ich denke, B2B wird ein großer Business-Case sein. Im B2C-Markt wird es hauptsächlich darum gehen, mehr Kapazitäten für Daten zu schaffen.

Wie schreitet der 5G-Ausbau in Europa voran?

Narrowband-IoT wird dieses Jahr in acht Märkten der Deutschen Telekom verfügbar sein. Ende 2020 werden wir 5G in jedem unserer europäischen Länder in Betrieb haben. Edge Computing, Network Slicing und andere komplexere Usecases werden erst nach 2020 kommen.

T-Mobile Austria will den Internet- und TV-Anbieter UPC schlucken. Welche Strategie steckt da dahinter?

Wir denken, dass es eine große Chance für einen konvergenten Herausforderer in Österreich gibt. Telekom Austria hat derzeit als einziger Betreiber Mobilfunk- und Kabelnetze. Vor allem im B2B-Bereich braucht es in Österreich mehr Mitbewerb. Österreichische Unternehmen verdienen einen besseren Deal als sie ihn derzeit bekommen. Von kleinen und mittleren Firmen bis hin zu Großunternehmen, sie alle brauchen eine Kabelanbindung ans Internet, um ernst genommen werden zu können. Gleichzeitig wollen sie alle Mobilfunk aus einer Hand, und das bekommen sie derzeit nur bei der Telekom Austria als einzigem konvergentem Anbieter. Die Telekom Austria hat eine geschützte Existenz, und ich denke, dass ist nicht das Richtige für Konsumenten. Auch am B2C-Markt ist das so. Wir denken, dass mehr Konkurrenz im Breitband-Bereich gut für die weitere Digitalisierung von Österreich ist. Die österreichische Regierung hat ambitionierte Pläne bei der Digitalisierung, und wir wollen Teil dieser Pläne sein. In anderen Ländern haben wir auch sehr stark dazu beigetragen.

Wenn die Übernahme durchgeht, wird T-Mobile dann mit sehr kompetitiven Preisen in den Markt gehen?

Es bedeutet sicherlich, dass wir den Markt herausfordern werden. Ich kann jetzt nicht unsere Preisstrategie diskutieren, aber wir werden ein Challenger sein, sowohl im B2B- als auch im B2C-Bereich.

Deutsche Telekom geht auch ins Hardware-Geschäft, mit dem Magenta Speaker, der dieses Jahr auf den Markt kommen wird. Welche Strategie verfolgen Sie da?

Wir denken, dass Sprache ein User-Interface ist. Wir haben uns vom Browser hin zu Apps als User-Interfaces entwickelt, und wir denken, dass beträchtliche Teile der Bevölkerung jetzt hin zu Sprachsteuerung gehen. Bald wird man Software oder TV-Geräte per Stimme steuern. Es geht nicht nur um Alexa oder Google Assistant, es wird viele Startups geben, die Voice-Interfaces bringen. Deswegen setzen wir auf Sprachsteuerung, von der Alexa ein Teil ist und unser Voice-Interface bereichert.

Ich war überrascht, dass die Deutsche Telekom Amazon Alexa und Google Assistant auf den smarten Speaker lässt. Immerhin wird dieser als sehr Datenschutz-freundlich vermarktet, weil Daten nur auf deutschen Servern maximal 30 Tage gespeichert werden. Wie passen da Google und Amazon dazu?

Unser Kernprodukt wird den europäischen Datenschutzregeln vollkommen gerecht. Wir wollen aber den Kunden die zusätzliche Flexibilität geben. Wenn sie wollen, können sie auch andere Sprachsteuerungen damit nutzen.

Der Magenta Speaker der Deutschen Telekom. © Deutsche Telekom
Der Magenta Speaker der Deutschen Telekom. © Deutsche Telekom

Wird der smarte Lautsprecher auch in andere Länder wie Österreich kommen?

Ja, das ist unsere Absicht, aber zuerst werden wir ihn in Deutschland anbieten, davon lernen und dann über andere Länder entscheiden.

Ein heißer Trend ist derzeit Blockchain. Ist das eine Technologie, die für die Deutsche Telekom interessant ist? Es gibt etwa Ideen, dass Telcos Blockchain zur Nutzeridentifizierung (Trending Topics berichtete) verwenden könnten.

Mich interessiert Blockchain vielmehr als Kryptowährungen. Jedes Ledger-System wie Blockchain ist aus Security-Sicht spannend. Das ist die Schlüsselanwendung im Bereich der Telcos. Jeder Bereich bei Telekommunikationsunternehmen, für die Datensicherheit wichtig ist, wird anfangen mit Blockchain zu arbeiten. Die Deutsche Telekom nimmt Sicherheit sehr ernst, und für uns ist Blockchain ein weiteres Tool, um die Sicherheit zu erhöhen. Im Bereich Smart Cities arbeiten wir bereits mit Blockchain.

Ihr Boss, DT-Chef Timotheus Höttges, ist ein großer Fan von Design Thinking. Wie kann man dieses Konzept in einer so großen Organisation wie der Ihren einsetzen?

Das passiert aus einer Kombination von globalem und lokalem Denken. Wir bauen derzeit etwa eine App für fünf Länder, mit der man neue Produkte ausrollen kann. Die eigentlichen Produkte in der App werden dann lokal entwickelt. Man braucht Design Thinking auf zwei Ebenen: Auf globaler Ebene wird gefragt: “Wie muss die App aussehen”? Und auf nationaler Ebene wird entschieden, was sie in dem jeweiligen Land kann.

Höttges hat den Design-Thinking-Ansatz bei Google und Facebook im Silicon Valley gesehen. Auf der anderen Seite ist die Deutsche Telekom auch ein Gegner der US-IT-Riesen. Immer wieder wird ein “Level Playing Field” gefordert – also gleiche Regeln für alle in Europa. Wie soll das funktionieren?

Schauen Sie, wir bewundern viele Dinge, die diese Unternehmen tun. Das heißt aber nicht, dass wir damit einverstanden sind, wie sie reguliert sind. Speziell für Over-The-Top-Dienste (wie WhatsApp, Anm.) oder beim Datenschutz sollten für alle die gleichen Regeln gelten. Für Nutzerdaten müssen die gleichen Regeln gelten, egal ob die Daten bei Facebook oder bei der Deutschen Telekom gespeichert werden.

In den USA versuchen Telekom-Riesen wie AT&T (will Time Warner schlucken), Verizon (AOL) oder Comcast (Tochter NBCUniversal) immer stärker ins Geschäft mit Content vorzudringen. Warum?

Content ist ein stark lokales Geschäft, man muss das richtige Geschäftsmodell finden. Deutschland ist ein sehr von werbefinanzierten Inhalten getriebener Markt, während Ungarn stark von Pay TV geprägt wird. Man muss also eine lokalisierte Content-Strategie anwenden. In den reiferen unserer Märkte ist Content kein so starker Differentiator mehr, mehr und mehr Betreiber teilen sich den Content. In weniger reifen Märkten macht Content aber einen Unterschied, und dort will man sich exklusive Rechte sichern.

Wie sieht es damit in Österreich aus?

Österreich ist historisch gesehen eher ein Free-to-Air-Markt, das ist sicher seiner Marktstruktur geschuldet. Was wir dort in Sachen Content machen, hängt stark damit zusammen, ob die Übernahme von UPC genehmigt wird.

Offenlegung: Die Reisekosten zum Mobile World Congress nach Barcelona hat T-Mobile Austria übernommen. Vielen Dank dafür!

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