Marktanalyse

Hanf-Startups: Blühende Landschaften bald auch in Europa?

Growing and glowing: Cannapreneurs sind die neuen Stars im Business. © Fotolia
Growing and glowing: Cannapreneurs sind die neuen Stars im Business. © Fotolia

Durch das Aufkeimen einer milliardenschweren Industrie in den USA ist auch die Diskussion um die Legalisierung von Cannabis in Europa lebhafter geworden. Wir beleuchten die besten Startups aus den USA und Israel und zeigen die erfolgreichen Crowdfunding-Projekte, die in Österreich im vergangenen Jahr für Aufsehen sorgten. 

 

Der deutsche Die Grünen-Abgeordnete Christian Ströbele dürfte sich verwundert die Augen reiben. Er forderte zu Beginn des Jahrtausends medienwirksam, die Nutzpflanze endlich zu legalisieren. „Gebt das Hanf frei!“, schrie er Polizisten hinterher, die aus einem Wagen bei der Berliner Hanfparade einige der Pflanzen konfiszierten. Denn ab heute ist medizinisches Cannabis in Deutschland legal. Schwerkranke Patienten können Pharma-Produkte über die Krankenkassen beziehen, wenn alle anderen therapeutischen Maßnahmen ausgeschöpft sind. Anwendungsfelder sind Schmerztherapien bei Krebs- und Aidspatienten, rheumatische Erkrankungen, spastische Schmerzen bei Multipler Sklerose, ADHS und das Tourettesyndrom.

Deutschland reagiert damit auf den stark wachsenden Markt in den USA. Dort ist Marihuana in 23 von 50 Staaten bereits für den medizinischen Gebrauch legalisiert, in acht auch für den Freizeitkonsum. 2014 wurden zwischen 1,6 und 1,9 Milliarden Dollar mit medizinischem Cannabis umgesetzt, 600 bis 700 Millionen Dollar mit Cannabis für den Freizeitgebrauch. 2016 waren es 2,6 Milliarden Dollar im medizinischen Bereich und 1,6 Milliarden im Privaten. Für 2020 erwarten die Analysten ein Volumen von insgesamt 11 Milliarden Dollar.

Leaf

Es entstanden über die letzten Jahre hochprofitable „Cannabis Dispensaries“ und „Clone Nurseries“, die nur wenig mit den miefigen Amsterdamer Coffeeshops gemeinsam haben. Sie richten ihre Angebote an zahlungskräftige Patienten und Konsumenten. Und so entstanden in den letzten Jahren Startups wie leaf, das von Product Hunt zum besten Hardware-Produkt des Jahres gewählt wurde. Oder seedo, die den Anbau zuhause in Growboxen zu einem Lifestyle-Produkt verwandeln.

Lukas Püspök hat in das israelische Startup Leaf investiert: „Durch die Verbindung stylishe Hardware und clevere Software entsteht bei leaf eine engagierte Community, die Probleme bespricht und Erfahrungen teilt. Zudem sichern sich die Konsumenten mit der Eigenaufzucht auch vor unreinen Produkten ab. Wird Cannabis auf der Starße gekauft, können sich Patienten oder Konsumenten nicht sicher sein, ob die Ware gestreckt ist oder mit chemischem Dünger versetzt ist. Bei der Aufzucht entsteht eine emotionale Bindung zu der Pflanze, ähnlich wie bei der Community, die selbst zuhause Bier braut. Wir haben bei diesem Investment die riesigen Marktchancen vor allem in den USA gesehen. Der Gründer Yoni Ofir und sein herausragender Pitch bei Techchrunch Disrupt waren auch Gründe für das Investment. Außerdem ist das komplexe Home-Appliance-Produkt wirklich ausgereift. Unglaublich, dass ein Startup so etwas schafft. Normalerweise bauen die großen Haushaltswaren-Konzerne wie Bosch oder Siemens solche Produkte und nicht ein Startup.“

Seedo

Auch der Staat nascht kräftig mit: Auf Cannabis-Produkte entfallen 25 Prozent Verkaufssteuer. In Europa haben Tschechien, die Niederlande und Portugal durchwegs positive Erfahrungen mit der Legalisierung gemacht. Insgesamt ein kaum entwickelter Markt mit jährlichen Wachstumsprognosen von bis zu 20 Prozent, bahnbrechende Erfolge in Übersee – eine ideale Spielwiese für Entrepreneure. Auch in Österreich?

Schwammige Gesetzeslage in Österreich

Derzeit sind in Österreich die Gewinnung, Herstellung, Einfuhr, Ausfuhr, Verteilung, Verwendung sowie der Besitz und Handel generell verboten. Dies gilt auch für die eigenmächtige Behandlung von Beschwerden mit Cannabisprodukten. Unabhängig davon konsumieren hunderttausende Österreicher Marihuana. Rund 40 Prozent der Menschen zwischen 15 und 35 haben in ihrem Leben schon an einem Joint gezogen.Der Gebrauch zur Freizeitgestaltung ist nach wie vor illegal. Der Verkauf von Pflanzen vor der THC-trächtigen Blütephase allerdings legal. Eine klassische österreichische Lösung, mit der das Land lange eine einzigartige Stellung in der juristischen Behandlung von Hanf hatte. Die Pflanze ist legal, die Blüte allerdings nicht.

„Es ist schon eine gesellschaftliche Schieflage, dass in Österreich die eine Droge glorifiziert  und die andere verteufelt wird. Auch die Initiativen wie der Hanfwandertag und ähnliche Veranstaltungen helfen nicht unbedingt den Legalisierungsprozess voranzutreiben. Der medizinische Nutzen der Pflanze sollte im Vordergrund stehen“, so Investor Püspök. Dieser Umstand führt zu einer verqueren Situation: Junge Unternehmen wie hanfgarten.at, floweryfield, plants4friends und zahlreiche stationäre Growshops nutzen diese Gesetzeslücke, um Stecklinge und Anbauzubehör zu verkaufen. Und der Verkauf rennt wie geschmiert. Pro Monat werden in Österreich über 250.000 Stecklinge verkauft.

Plants4friends

„Zu meinen Kunden zählen viele Ärzte und Physiotherapeuten, die ihren Kunden bereits Therapien mit Ölen oder Salben auf Cannabis-Basis anbieten.“, sagt Roland Birner, Gründer von Plants4friends. Sein Unternehmen wurde innerhalb kürzester Zeit zum größten Anbieter für Hanfpflanzen, Hanfprodukte und professionellem Zubehör zur Hanf-Aufzucht in Westösterreich. Was die Legalisierung in Österreich angeht, ist er eher pessimistisch. „Hier dauert alles immer etwas länger. Allerdings haben wir dann meist einen spannenderen Zugang zu dem Thema als die Deutschen. Ich denke, dass wir trotzdem bis 2020 mit einer Legalisierung rechnen können. Bis dahin gehe ich offen und ehrlich mit meinem Geschäftsmodell um und zeige, was mit Cannabis alles möglich ist“, so Birner.

Bis dahin geht Birner ehrlich und offen mit seinem Geschäftsmodell um und zeigt, was sich daraus alles entwickeln kann.  „Die meisten sind hellauf begeistert über das Wirkungsspektrum.“ Birner verkauft die Pflanzen, bevor sie das Blütenstadium erreicht haben und bewegt sich damit im legalen Rahmen. Seit der Gründung 2015 wurden durch die Gesellschafter der GmbH und stille Beteiligungen über 300.000 Euro investiert. Er beschäftigt vier Angestellte. Aktuell fährt plants4friends eine sehr erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne auf Conda. 280 Investoren haben über 250.000 Euro investiert.

Hanfgarten

Auch der Hanfgarten weist die Drogenthematik weit von sich und will seine Hanfpflanzen ausschließlich für die Teegewinnung aus den Blättern verwendet sehen. Gründer und Ex-Journalist Andreas Troger verkauft Cannabidiol-Tröpfchen als Nahrungsergänzungsmittel, Hanftees, Stecklinge und Samen. Der Ansatz von Hanfgarten ist, dass Menschen die Pflanze 18 Stunden am Tag beleuchten und so den Eintirtt der Pflanze in die Blütephase vermeiden und die Blätter für Tees, zum Kochen oder Backen verwenden. Die Stecklinge werden auf 10.000 Quadratmeter in der Steiermark gezogen. Er stellte über Greenrocket knapp eine Million Euro auf und peilt einen Umsatz von 30.000 Euro pro Monat an. „Österreich hat die Chance zum Vorreiter für medizinische Cannabis-Produkte in Europa werden, ähnlich wie Israel oder eben die USA“, so Troger. Er will in Zukunft die Produktpalette um medizinisches Cannabis erweitern.

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