Business Angelina

Selma Prodanovic: „Es gibt sehr viele, die Start-ups Dinge versprechen, die sie nie halten können“

Selma Prodanovic sitzt im Beirat der neuen Agentur © Michael Mazohl/ASAblanca.com
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Selma Prodanovic, auch wenn sie gerne würde, kann sich leider nicht zweiteilen. Die Business Angelina gehört zu den umtriebigsten Unternehmerinnen in Österreich, ist Gründerin und CEO von Brainswork, sitzt im Vorstand der Austrian Angels Investors Association (AAIA), half Start-ups wie Whatchado oder Updatemi auf die Beine und hat mit 1millionstartups schon wieder einer neues Projekt am Start. 1millionstartups soll eine Community werden, in der Mitglieder neben 12 Online-Mentoring-Sessions inspirierenden Content via Newsletter sowie Zugang zu exklusiven Events bekommen sollen – gegen einen Mitgliedsbeitrag von 300 Euro/Jahr (Frühbucher zahlen bis Ende 2015 nur 100 Euro).

Die „Grand Dame“ der österreichischen Start-up-Szene, wie Prodanovic schon mal genannt wurde, spricht im Interview aber nicht nur über 1millionstartups, sondern auch über das Inseldenken in der Branche, die gefährliche Flut von Start-up-Berater und Inkubatoren sowie über die größten Fehler, die Jungfirmen machen können.

Du hast kürzlich 1millionstartups ins Leben gerufen, was ist das genau?

Selma Prodanovic: Das ist ein neues Projekt von mir, das man als Kampagne verstehen kann. Sie soll dazu dienen, dass mehr Menschen unternehmerisch denken. Es geht nicht nur darum, dass mehr gegründet wird, sondern es sollen mehr Leute lösungsorientiert denken. Probleme sind da, um gelöst zu werden. Wir haben eine Million Probleme da draußen, und deswegen brauchen wir eine Million, um diese Probleme zu lösen. Es gibt die Schätzung, dass es jährlich weltweit 100 Millionen neue Entrepreneure gibt, und all diese Leute brauchen Unterstützung. 1millionstartups basiert auf drei Stufen: Es soll erstens inspirieren, zweitens ein Commitment von den Leuten einfordern, und drittens eine Unterstützung für die Unternehmer bieten.

Was erwartest du dir im ersten Jahr, welches Ziel willst du erreichen?

Ich will die Sache im ersten Jahr langsam angehen. 10.000 Mitglieder 2016 wäre großartig. Mein Wunsch wäre, dass einmal aus jedem Land der Welt Menschen dabei sind. Es gibt sicher in der Mitte von Nirgendwo Lösungsansätze, an die man bei uns oder im Silicon Valley gar keiner denkt. In unserer Start-up-Szene glaubt man schnell, dass man alles schon gesehen hat, aber wenn man sich zwei Meter hinausbewegt, sieht man, dass die nur eine Randerscheinung ist.  Die Mehrheit der Gesellschaft sieht das noch gar nicht, und viele haben ein Gefühl der Ohnmacht. Mit unternehmerischen Denken kann man ihnen das Gefühl wiedergeben, etwas zu den rasanten globalen Entwicklungen beitragen zu können.

Ist es nicht illusorisch zu denken, dass man mit ein wenig unternehmerischem Denken diese Ohnmacht, die ja auf realen machtpolitischen Vorgängen fußt, wegzumachen?

Wenn wir uns zurückziehen und sagen, dass es nur mehr eine handvoll Mächtiger gibt, die alles entscheiden, dann haben wir verloren. Genau das will ich nicht. Ich habe in Spanien zur Zeit des ETA-Terrors gelebt, komme aus einem Land, das vom Krieg zerstört wurde (Bosnien & Herzegowina, Anm.). Mir ist das alles sehr bewusst, ich will ja auch keine Revolution. Aber wenn ich am Abend schlafen gehe, dann will ich mir sagen können, dass ich nicht völlig ohnmächtig bin. Wenn ich es schaffe, eine Million Menschen von den sieben Milliarden weltweit anzusprechen, und daraus entsteht ein Unicorn, dann habe ich etwas bewegt.

Welche Start-ups werden Unterstützung bekommen? Ich nehme an, dass deine Definition von Start-up über Apps und Web-Dienste hinausgeht.

Es kann durchaus etwas mit Technologie zu tun haben, aber Tech alleine löst keine Probleme. In den Townships in Südafrika habe ich Mädels kennengelernt, die Coden lernten, aber das alleine bringt nichts. Sie müssen auch lernen, was sie mit diesen Fähigkeiten unternehmerisch tun können.

Wie sieht dein Business-Modell aus? Du sprichst oft von “sweat for equity”.

Am Beispiel von Whatchado: Ich habe Ali und Jubin (die beiden Gründer, Anm.) von Anfang an mit Arbeit und Kontakten unterstützt und habe dafür ein wenig Prozente von ihrer Firma bekommen. Das selbe habe ich bei Updatemi gemacht, und es gibt zwei weitere Start-ups, bei denen ich das so machen werde. Das ist an sich kein Business-Modell, die Prozentsätze sind so klein, dass ich daran nie wirklich reich werde. Aber ich wollte Teil der Geschichte dieser ausgewählten Start-ups sein. Ich habe mir so meinen eigenen Markt geschaffen, und habe heute Möglichkeiten, die wirklich toll sind.

2015 hat der Start-up-Hype seinen vorläufigen Zenith erreicht. Birgt das die Gefahr, dass Blender mit windigen Ideen andere abzocken, die sich beim Investieren nicht so gut auskennen?

Hier und dort wird es sicher solche Fälle geben, aber das hat man in jeder Branche. Es werden viele Inkubatoren und Accelerators entstehen, und die Hälfte davon ist wertlos und wird nach zwei Jahren wieder zusperren. Aber dieser Wachstum muss stattfinden, es wird zu einer Marktbereinigung kommen. Insgesamt ist die Start-up-Szene weit davon entfernt, ein gesellschaftliches Risiko darzustellen, dafür ist sie viel zu klein.

Ein unheimlicher Boom ist bei Start-up-Beratern und Vermittlern zu sehen. Ist das gefährlich?

Ja, es gibt sehr viele, die Start-ups Dinge versprechen, die sie nie halten können. Die größte Gefahr besteht in diesen Inkubatoren, die von Leuten gemacht werden, die nie selbst gegründet haben oder nie lange mit Start-ups gearbeitet haben. Immer nur auf der Beraterebene zu bleiben, ist nicht ausreichend. Es gibt leider wirklich vieles, was ich nicht gut finde.

Wie können sich Start-ups vor solchen Fallen schützen?

Die Gründer sollten zumindest eine Zeit lang zu den wichtigsten Events gehen und sich von den Playern ein Bild machen, bevor wichtige Entscheidungen getroffen werden.

Was ist der größte Fehler, den ein Start-up machen kann?

Zu früh aufzugeben. Es gibt viele Leute, die etwas anfangen und nach dem ersten Nein gleich wieder aufgeben. Das hat mit unserer Gesellschaft zu tun, wo Unternehmertum nicht positiv gesehen wird. Wenn sich die Söhne selbstständig machen wollen, dann weinen die Mütter. Ein weiteres großes Problem: Die Märkte, an die sich Start-ups bzw. ihre Geschäftsmodelle richten, sind oft nicht groß genug. Es wird im Vorfeld oft nicht genug darüber nachgedacht und das resultiert dann darin, dass sie nicht genug verkaufen können. Noch eine, sehr österreichische Schwäche: Viele glauben, dass ihre Idee geklaut wird, wenn sie darüber offen reden. Als würde man eine Idee wie ein Handy klauen können.

Die Execution ist wohl, wie oft gesagt wird, wichtiger als die Idee.

Ja genau. Google hat Yahoo überholt, Facebook hat MySpace abgehängt. Es ist viel besser, mit möglichst vielen Leuten über seine Idee zu reden. Nur so wird man herausfinden, wie man es besser machen könnte und wer etwas dazu beitragen kann.

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