JumpStart-Programm

Die neuen Start-up-Brutstätten: Bis zu 50 Jungfirmen sollen in Österreichs Gründerzentren herangedeihen

Mit Hund im Wiener Impact Hub. © Impact Hub
Mit Hund im Wiener Impact Hub. © Impact Hub
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Inkubatoren kennt man seit Mitte des 19. Jahrhunderts eigentlich als Brutkästen, mit denen in Spitälern Früh- oder Neugeborene bei geregelter Temperatur und Luftfeuchtigkeit besser behandelt werden können und die Wachstumsprozesse fördern sollen. Heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, wird das Wort Inkubator immer häufiger im Zusammenhang mit Start-ups verwendet. Inkubatoren gelten der jungen Branche als immer wichtigere Brutstätten, wo Jungfirmen unter optimierten Bedingungen schneller heranreifen können als anderswo.

+++Dieser Bericht ist bereits in der HORIZONT-Ausgabe 19/16 erschienen. Hier geht es zu den Abos.+++

Das österreichische Wirtschaftsministerium setzt in seiner Gründerlandstrategie ebenfalls voll auf Inkubatoren. In einem europaweit einzigartigen Programm namens „JumpStart“ hat man drei Millionen Euro locker gemacht, damit heimische Inkubatoren und Accelerators („Beschleuniger“) mehr Start-ups aufnehmen können. In einer ersten Phase haben nicht nur fünf dieser Gründerzentren jeweils 150.000 Euro für eine Laufzeit von maximal zwei Jahren bekommen, Ende dieser Woche haben auch neun Start-ups in diesen Gründerzentren jeweils eine Förderung von 22.500 Euro bekommen.

Wachsen lassen

„Wir erwarten uns eine Stärkung des Ökosystems, weil Inkubatoren und Accelerators den Start-ups in einer frühen Phase qualifizierte Beratung bieten können“, sagt Viktor Pasquali, der als Leiter des JumpStart-Programms bei der staatlichen Förderbank aws für die Verteilung der Mittel zuständig ist. „Langfristig erhoffen wir uns, dass international erfolgreiche österreichische Start-ups herauskommen.“ Mit den drei Millionen Euro, die in mehreren Runden vergeben werden, sollen insgesamt bis zu zehn Gründerzentren und bis zu 50 Start-ups gefördert werden. Mitte Juni können sich in einem zweiten Call weitere Firmen und Organisationen, die ­einen Inkubator oder Accelerator ­betreiben, wieder um Fördermittel bewerben – bis zu fünf sollen dann wieder jeweils 150.000 Euro bekommen.

Die i²c StartAcademy 2015. © TU Wien
Die i²c StartAcademy 2015. © TU Wien

Voraussetzung: schon seit mindestens zwölf Monaten in Betrieb sein, die nötigen Dienstleistungen für die inkubierten Jungfirmen bereitstellen können (Beratung in Wirtschafts-, Finanzierungs – und Rechtsfragen, Netzwerkangebote, Coaching et cetera) und außerdem schon drei Jungunternehmen bei sich angesiedelt haben.

Die ersten fünf Gründerzentren

Die Inkubatoren und Accelerators, die bereits aktiv sind und von „JumpStart“ gefördert werden, sind über ganz Österreich verteilt. In Wien sind die beiden beliebten Coworking Spaces Impact Hub Vienna und sektor5 sowie die Technische Universität mit dem „TUW i2nkubator“ dabei, in Dornbirn hat der Risikokapitalgeber Speedinvest sein „Speedstartupstudio“ eröffnet, und Graz startete diese Woche der „Company Builder 2.0“ von der Firma Up to Eleven. Ihr Chef Martin Pansy hat die früher beliebte Seite sms.at und die Messaging-App mysms in den vergangenen Jahren um viel Geld verkaufen können und setzt jetzt voll auf Start-ups. Bei Up to Eleven sind bis dato zwei Projekte (das intelligente Türschloss Nuki und Instahelp, das psychologische Onlineberatung verspricht) angesiedelt. „Wir hatten bisher immer eigene Projekte, aber jetzt werfen wir die Angel nach Ideen von außen aus“, sagt Pansy. Pro Jahr wolle man ein bis zwei Start-ups aufnehmen und mit der vorhandenen Infrastruktur und dem eigenen Personal – vom Büroraum bis zu den App-Programmierern – unterstützen. Um „internationalen Spirit“ in die steirische Hauptstadt zu bringen, sollen auch regelmäßig Experten aus dem Ausland zu Workshops eingeladen werden.

Im Grazer Company Builder von Up to Eleven. © Up to Eleven
Im Grazer Company Builder von Up to Eleven. © Up to Eleven

„Wir wollen die Start-up-Schmiede für die Digitalwirtschaft im Süden Österreichs sein. Daraus soll ein Pool an digitalen Innovationen entstehen, der die gesamte Region belebt“, sagt Pansy. „Das soll das Ökosystem im Raum Graz beleben, wir wollen nicht nur in die eigene Tasche arbeiten.“ Den Inkubator hätte man auch ohne der staatlichen Förderung eingerichtet, Pansy hat den Betrag der Fördersumme aus eigener Kasse sogar mehr als verdoppelt. Den Start-ups, die bei Up to Eleven unterkommen, wird auch eine Anschlussfinanzierung in Aussicht gestellt, sofern sie und ihre Geschäftsmodelle sich bewähren.

Kommen und Gehen

Während man in Graz also Aufholjagd betreibt, sind die geförderten Gründerzentren in Wien schon voll im Laufen. Im Coworking Space sektor5 sind aktuell drei Start-ups untergekommen, die fünf Monate in dem Programm mitmachen: Neben ChillBill (Onlinebuchhaltung) und ExtraSauber (Onlinevermittlung von Putzkräften) ist auch pagestrip an Bord, die sich auf Software für digitale Magazine spezialisiert haben. Nicht ­jedem Start-up aber sagen solche Inkubatoren-Programme zu: Pagestrip bekam den Platz bei sektor5 nur, weil eine andere Jungfirma (Vienna Skill Smiths) aus eigener Entscheidung ausstieg. Anfang Juni werden die drei Firmen jedenfalls ihre Fortschritte vor einer Jury präsentieren, währenddessen können sich die nächsten Interessenten für die dann frei werdenden Plätze ­bereits bewerben.

Im Wiener Sektor5. © Teresa Hammerl
Im Wiener Sektor5. © Teresa Hammerl

Während es im sektor5 stark um Tech-Start-ups geht, ist das zweite wichtige Wiener Coworking Space, das Impact Hub, das vor allem auf Social Entrepreneurship fokussiert – der Schwerpunkt liegt demnach auf sozialen und nachhaltigen Geschäftsideen. Das schon länger bestehende „Investment ready“-Programm soll im Zuge der JumpStart-­Förderung ausgebaut werden. Bis dato wurden knapp 50 Jungfirmen, darunter so unterschiedliche wie erdbeerwoche (Onlineshop für Biotampons), holis market (Biosupermarkt ohne Verpackungsmüll) oder FragNebenan (eine Art Facebook für die Nachbarschaft) aufgenommen, viele weitere sollen folgen. Auch hier das Ziel: Am Ende sollen die Unternehmerneulinge eine Firma auf die Beine gestellt haben, in die Investoren ihr Geld stecken können.

Ganz im Westen des Landes, in Dornbirn, versucht sich derweil das Speedstartstudio daran, einen so genannten „Excubator“ zum Erfolg zu führen. Der Ansatz: Anstatt Start-ups bei sich aufzunehmen, kooperiert man mit großen Unternehmen, mit denen man gemeinsam digitale Produkte baut. Ein aktuelles Beispiel ist dabei Rawr: Die Onlinesoftware sammelt Pro- und Kontra-Kommentare zu Themen im Netz und wird gemeinsam mit Zeit Online entwickelt. Am Ruder bei Speedstartstudio steht übrigens Michael Breidenbrücker, der dereinst den Musik-Streamingdienst last.fm mitgründete (2007 um satte 280 Millionen US-Dollar an CBS aus den USA verkauft) und heute außerdem als Partner des Wiener Risikokapitalgebers Speedinvest fungiert – die Brücke nach Wien steht also.

Im Dornbirner Speedstartstudio. © Speedstartstudio
Im Dornbirner Speedstartstudio. © Speedstartstudio

Es geht auch ohne JumpStart

Ursprünglich beworben haben sich für das JumpStart-Programm 32 Firmen beziehungsweise Organisationen, insgesamt werden aber nur maximal zehn in den Genuss der Förderungen kommen. Das tut dem Trend aber keinen Abbruch, frischen Start-up-Wind ins Haus holen wollen sich viele. A1 etwa betreibt in Wien seit längerem seinen Start-up-Campus, in dem unter anderem Parkbob untergekommen ist. Die App, mit deren Hilfe Autofahrer freie Parkplätze finden können sollen, bekam kürzlich 200.000 Euro Investment. Der ORF arbeitet derweil ebenfalls emsig an seinem eigenen Start-up-Campus und will im nächsten Jahr fünf Jungfirmen unter Vertrag nehmen. Und selbst Swarovski hat das Potenzial ­erkannt und in Wattens ein Gründerzentrum eröffnet.

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