Kommentar

Bravo, EU-Parlament: Jetzt will die Telekom mit Spezialdiensten bei Start-ups abcashen

Jakob Steinschaden, Projektleiter von TrendingTopics.at. © Lorin Canaj/Montage: TrendigTopics.at
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Es hat keine zwei Tage gedauert, bis aus dem sperrigen Wort „Netzneutralitätsdebatte“ ein ganz konkrete Bedrohung für die europäische Start-up-Welt geworden ist. Wie am Dienstag berichtet, hat sich das EU-Parlament in einer Mehrheitsabstimmung  für die Ermöglichung von Spezialdiensten im Internet ausgesprochen, die Internetanbieter jene  Firmen anbieten können, die Internet-Dienste betreiben. Solange der restliche Datenverkehr nicht beeinträchtigt wird, dürfen Telcos und ISP anderen Unternehmen Vorrang auf der Datenautobahn anbieten, damit deren Dienste mit gewohnt hoher Qualität auch zu Stoßzeiten beim Nutzer ankommen.

Die europäischen Telekomunternehmen sagen brav danke und haben auch gleich tolle Ideen, wie sie dieses neue Privileg der Spezialdienste ausnutzen können. „Gerade Start-ups brauchen Spezialdienste, um mit den großen Internetanbietern überhaupt mithalten zu können“, sagte Timotheus Höttges, Chef der Deutschen Telekom in einem Interview. „Nach unseren Vorstellungen bezahlen sie dafür im Rahmen einer Umsatzbeteiligung von ein paar Prozent. Das wäre ein fairer Beitrag für die Nutzung der Infrastruktur. Und es sorgt für mehr Wettbewerb im Netz.“

Extrakosten für Qualität

Oder klarer ausgedrückt: Wenn ein Start-up mit einem großen Rivalen (z.B. Google, Facebook, WhatsApp, Netflix, Instagram) mithalten will und z.B. Videos oder Games genauso schnell streamen will wie der Konkurrent, dann muss es die Telekom am Umsatz beteiligen. Höttges will also europäischen Firmen, die in der Wachstumsphase ohnehin jeden Cent brauchen, um weiter in ihr Wachstum investieren zu können, also ein paar Prozent vom Umsatz wegnehmen. Oder ganz konkret: Etwas, das heute selbstverständlich und notwendig ist, um eine neue Internetfirma aufzubauen, wird kostenpflichtig. Weder Facebook, noch Instagram noch WhatsApp wären jemals so groß geworden, hätten sie von Anfang an Telcos dafür bezahlen müssen, dass ihre Daten flott übertragen werden.

Das ist eine Verschärfung der Befürchtungen, die man nach dem Votum des EU-Parlaments hatte. Kritiker meinten, dass der Bruch mit der Netzneutralität (alle Daten müssen gleich behandelt werden und gleich schnell übertragen werden) dazu führe, dass sich die großen US-Unternehmen die Vorfahrt leisten können, die kleinen Start-ups aber nicht. Jetzt sieht es so aus, als wolle die Telekom gleich beide anzapfen: Google, Netflix und Co. zahlen für die Sonderbehandlung, und damit die EU-Start-ups mithalten können, müssen sie Internetanbieter am Umsatz beteiligen.

Ebenfalls beachtenswert: Es ist längst nicht mehr nur die Rede von lebenswichtigen Datendiensten wie im Sicherheits- oder Medizin-Bereich, für die Vorrang erkauft werden kann. Nein, Höttges spricht mittlerweile auch von „Videokonferenzen, Online-Gaming und vernetzten Produktionsprozessen der Industrie“, die für die bessere Spur im Zwei-Klassen-Internet zahlen können sollen. Wenn das wirklich alles so kommt, dann ist das freie Internet, wie wir es heute kennen, wirklich am Ende.

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