Interview

Anti-Hangover-Drink Kaahée: „Wir verkaufen ein authentisches Produkt und keine Mogelpackung“

Kaahée-Gründer Julian Juen im Hauptquartier seiner Firma im 6. Wiener Bezirk. © Jakob Steinschaden
Kaahée-Gründer Julian Juen im Hauptquartier seiner Firma im 6. Wiener Bezirk. © Jakob Steinschaden

Kaahée, die Firma mit dem mittlerweile doch recht bekannten Anti-Hangover-Drink, ist die erste Österreichs, die bei einer Crowdinvesting-Kampagne mehr als eine Million Euro sammeln konnte – auch dank des neuen Alternativfinanzierungsgesetzes, das dieses Jahr in Kraft trat und Beträge jenseits der 250.000 Euro einfacher für Projekte zugänglich macht. Gründer Julian Juen hat so zusätzlich zu seinen Investoren Hans-Peter Haselsteiner, Michael Altrichter und Heinrich Prokop, denen er im Rahmen der Puls-4-Show “2 Minuten 2 Millionen” 24 Prozent für 250.000 Euro gab, etwa 1000 Kleininvestoren an Bord geholt. Nach dem letzten Meilenstein, eine Million Flaschen verkauft zu haben, will Juen jetzt den deutschen Markt angehen.

In der doch sehr durch Technologie getriebenen Start-up- und Crowdfunding-Welt sind sie mit einem Drink eine Ausnahmeerscheinung. Wie ordnen Sie sich in der Start-up-Welt ein?

Julian Juen: Am Ende des Tages geht es darum, gewinnorientierte, profitable Unternehmen aufzubauen, und das muss nicht immer im Technologiebereich sein. man kann auch gute Geschäfte in der Old Economy machen. Aber wir haben schon unsere eigenen Technologien im Hintergrund, im Bereich der Life Sciences. Für das Exktraktionsverfahren für unseren Wirkstoff, den Extrakt der Kaktusfeige mit seiner Hangover-lindernden Wirkung, haben wir in Österreich und den USA ein Patent erteilt bekommen. Was wir eigentlich machen und wo wir unsere Kernkompetenz sehen, ist Innovations-Marketing.

Und das Patent ist dabei die eigentliche IP von Kaahée?

Juen: Das Patent zeichnet uns schon aus, es gibt kaum Getränkehersteller, die eines haben. Es wäre denkbar, um dieses Patent herum das Produktportfolio zu erweitern, bis hin in den Pharmabereich oder in anderen Bereichen der Lebensmittelindustrie. In unserer Strategie ist aber der Fokus viel stärker auf den Drink, allein durch den schrittweisen internationalen Rollout haben wir enormes Skalierungspotenzial. Aus unserer Sicht ist das derzeit zielführender, alles andere ist Zukunftsmusik. Wir fokussierend auf die Expansion in den deutschen Markt, allein damit realisieren wir einen großen Wachstumsschritt.

Kaahée ist heute in etwa 80 Prozent der Supermärkte in Österreich gelistet. Wie haben Sie das so schnell geschafft?

Juen: Das hat mehrere Gründe. Es gibt zum einen einen Generationswechsel bei den Einkäufern, man hat erkannt, dass das Getränkeportfolio der 1970er nicht zeitgemäß ist und Innovationen notwendig sind. Bei der Testlistung bei Spar Gourmet Anfang 2014 ist Kaahée als damals noch völlig unbekannte Marke nach drei Monaten unter den Top 10 der meist verkauften Softdrinks gelandet. Das war ein wichtiges Zeichen für den Markt, Spar hat eine flächendeckende Listung angeboten, und die REWE ist dann nachgezogen.

Warum hat sich Kaahèe so gut verkauft, haben Sie da mit Marketing angeschoben?

Juen: Große Werbekampagnen haben zum damaligen Zeitpunkt keinen Sinn gemacht, wir haben uns auf reines POS-Marketing konzentriert und waren in Supermärkten mit Aufstellern und Verkostungen präsent. Hätten wir eine TV-Kampagne zu einem Zeitpunkt, an dem wir in 50 Märkten vertreten waren, hätten wir Geld beim Fenster hinausgeschmissen.

Ist Red Bull Vorbild für Kaahée?

Juen: Red Bull ist zweifelsohne eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Wir versuchen, einen eigenen Weg zu gehen und wollen Red Bull weder kopieren noch nachmachen. Was man aber sagen kann: Kaahée sieht sich schon in der Tradition österreichischer Trendgetränke, ohne jetzt explizit Dosen aus Fuschl am See zu nennen.

Die Marke Kaahée werden Sie also auch so aufbauen wie Red Bull oder Coca-Cola?

Juen: Wenn die ganz großen Erfolgsgeschichten im Getränkemarkt wie Coca-Cola oder Red Bull ansieht, dann erkennt man: Sie haben alle ein neues Segment aufgemacht und dieses als Marktführer besetzt. Wer auf Platz zwei, drei oder weiter hinten ist, kriegt im besten Fall nur mehr die Krümel. Deswegen ist unsere klare Strategie: Wir besetzen das neue Segment der Anti-Hangover-Drinks und bauen Kaahée dort als Marktführer auf. Seit Start haben wir in einem eigentlich recht überschaubaren Markt mehr als eine Million Flaschen verkauft, da kann man schon erahnen, welches Potenzial der internationale Rollout hat.

Ist der internationale Rollout eines Anti-Hangover-Drinks geknüpft an Märkte, wo besonders viel Alkohol getrunken wird?

Juen: Solche Statistiken schauen wir prinzipiell viele an. Unsere spitze Positionierung ist Anti-Hangover, aber unser eigentliches Verständnis ist das einer Lifestyle-Marke, eines Feel-Better-Drinks. In unserem weiteren Markenaufbau wollen wir Kaahée als perfekten Buddy positionieren, der dich durch die Herausforderungen des Lebens begleitet, man muss dafür nicht immer über den Durst trinken und wild Party machen. Wir sehen Kaahée als Regenerations-Drink einer neuen Generation, wir wollen bewusst nicht nur in die Nische eines Kater-Getränks für Alkoholiker.

Ist die Expansion in den arabischen Raum denkbar?

Juen: Selbst im arabischen Raum, wo Alkohol ein ganz anders besetztes Thema ist, selbst dort stoßen wir auf extrem positive Resonanz. Denn dort ist die Kaktusfeige eine Kulturpflanze, aber dort müsste man sicher andere Aspekte von Kaahée in den Vordergrund stellen.

Kaahée ist die erste Firma, die in Österreich per Crowdinvesting mehr als eine Million Euro gesammelt hat. Wie ist das geglückt?

Juen: Das Allerwichtigste ist, die Mechanismen von Crowdinvesting zu verstehen. Man muss es wirklich als Kampagne denken und das Projekt so aufbereiten, dass es für den Kleinanleger schnell erfassbar ist. Studien zeigen, dass die Investitionsentscheidung in zwei bis drei Minuten gemacht wird. Crowdinvesting ist nicht nur Finanzierungsinstrument, sondern auch Community-Marketing. Wir haben fast 1000 Crowdinvestoren an Bord, jeder einzelne davon ist Markenbotschafter. Wenn jeder von denen im Freundeskreis Mundpropaganda macht, hat das einen enormen Impact. Deswegen stehen wir auch in laufendem Austausch mit den Crowdinvestoren.

Aber nur mit der Crowd allein würde es wohl nicht funktionieren.

Juen: Unsere Finanzierungstrategie ist eigentlich, Crowdinvesting mit Großinvestoren zu koppeln. Dass bereits Geldgeber wie Hans-Peter Haselsteiner, Heinrich Prokop oder Michael Altrichter an Bord waren, hat uns zweifelsohne geholfen. In der Finanzierungsrunde haben wir ein Gesamtfinanzierungsvolumen von zwei Millionen Euro, 50 Prozent haben wir per Crowdinvesting aufgestellt, die zweiten 50 Prozent haben bzw. werden wir über normale Investoren aufnehmen.

Was bekommen die Crowdinvestoren für ihr Geld?

Juen: Das Ganze nennt sich Equity-based Crowdinvesting, rechtlich gesehen ist es ein erfolgsabhängiges Nachrangdarlehen. Sie bekommen einen Basiszinssatz von 4,5 Prozent auf das investierte Kapital, und nach Laufzeitende bekommt man außerdem einen Wertsteigerungsbonus. Aufgrund dieses Wertsteigerungsbonus ist es vergleichbar mit einer Euqity-Beteiligung. Die Crowdinvestoren profitieren also vom Unternehmenserfolg, fairerweise muss man aber auch sagen, dass sie das Risiko mittragen.

Warum boomt Crowdinvesting gerade 2015 so sehr?

Juen: Was hier passiert, ist die schöpferische Zerstörung im Schumpeter`schen Sinne. Die Masse übernimmt die Funktion einer Bank, weil diese aufgrund der Restriktionen durch Basel II und III ihren Kernaufgaben nicht mehr nachkommen kann. Und auf der anderen Seite gibt es eben Kleinanleger, die ihr Geld nicht nur aufs Sparbuch legen oder in Immobilien stecken wollen. Deswegen poppt da gerade so ein neuer Markt auf. Gott sei Dank hat der Gesetzgeber, spät aber doch, die Zeichen der Zeit erkannt und das Thema aus einem rechtlichen Graubereich auf eine saubere und sinnvolle rechtliche Basis gestellt, wo man bei 250.000 Euro nicht mehr die Notbremse ziehen muss.

Es gibt diesen Gründungsmythos von Kaahée, dem zufolge Sie von der Wirkung der Kaktusfeige bei einem Schamanen erfuhren. Hat sich das wirklich so zugetragen?

Juen: Ich habe vor Kaahée erfolgreich gemeinsam mit meiner Familie das Unternehmen “Mountain Lodges of Peru” aufgebaut. In der Gegend unserer Lodges hat sich dann wirklich diese Begegnung mit dem Schamanen zugetragen, und der hat mich in die magische Wirkung der peruanischen Hochland-Kaktusfeige eingeführt und inspiriert. Mit einigen dieser Früchte im Gepäck und der Geschäftsidee bin ich aus Peru nach Europa zurückgekehrt.

Wie kommen Sie hier in Österreich ans Rohmaterial für die Drinks heran?

Juen: Die peruanischen Kaktusfeige produziert diese regenerativen Stoffe wie Antioxidantien oder freie Radikalfänger aufgrund der Höhenlage in hochkonzentrierter Form. Wir haben das Extraktionsverfahren selber entwickelt, aber die Produktion an Partner ausgelagert, die diese Früchte aus Südamerika oder Nordafrika beziehen. Die Kaktusfeige hat den Vorteil, dass sie keine seltene Frucht ist, sondern in großen Plantagen gezüchtet wird, weil die Cochenilleschildlaus, die für die Herstellung des Farbstoffs Karmin wichtig ist, auf diesen Kaktusfeigen heimisch ist. Deswegen gibt es unseren Rohstoff relativ günstig und in großen Mengen.

Ganz direkte Frage: Ist die Kaahée-Wirkung ein Verkaufsschmäh?

Juen: Nein, das ist wissenschaftlich fundiert. Über Placebo-kontrollierte Studien kann man nachweisen, dass nach Verabreichung von Kaahée Hangover-Beschwerden statistisch signifikant gelindert werden können. Vereinfacht gesagt bedeutet das weniger Kopfweh, weniger flauer Magen, weniger Verstimmungen. Und, was noch wichtiger ist, wir bekommen tagtäglich Feedback von unseren Kunden via Social Media, die sagen, dass Kaahée tatsächlich wirkt. Wir wollen ein authentisches Produkt verkaufen und keine Mogelpackung.

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