Gastbeitrag

Drei Familien, drei Ansätze: So jonglieren Mütter ihre eigenen Unternehmen

Mit Baby im Office oder doch lieber strikte Work-Life-Trennung? © Romy Sigl
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Das eigene Unternehmen, das ist für viele Gründer ihr „Baby“. An einem jungen Startup wird dann schnell einmal Tag und Nacht gearbeitet. Oft auch am Wochenende. Über Work-Life-Balance wird gerne geredet, die Realität schaut meist anders aus. Wenn Gründer Eltern werden, kann das zu einem schwierigen Spagat werden? Wir haben bei drei Müttern nachgefragt, wie sie Kind und Unternehmen großziehen.

Romy Sigl, Founder Coworking Salzburg, CoFounder Yellowdesks, Startupspross, der bald 1 wird

Romy Sigl © Coworking Salzburg

Das Leben als Startup Gründer ist eine Achterbahn, das steht fest. Das Leben als Startup Gründerin und Neo-Elternteil ist eine Achterbahn der Extraklasse, man nimmt dabei an 2 Fahrten gleichzeitig teil.

Die Bergfahrt. In einem Moment denkt man, man ist das coolste neue Unternehmen auf dem Planeten und schaukelt den kleinen Babyspatz locker lässig von einem Startup Event zum nächsten, schmeißt ein Startup Salzburg Weekend und erfindet und organisiert ganz nebenbei vom Sofa aus politische Kunstaktionen, weil man für das, was wirklich wichtig ist immer Zeit hat.

Die Talfahrt. Im nächsten Moment kündigt ein Großkunde seinen Vertrag, fordert das Finanzamt eine saftige Nachzahlung und das, obwohl ich eher mit einer Kinderbetreuungszahlung gerechnet hatte. Außerdem bin ich hundemüde vom stundenlangen Imkreisgehen weil unsere Sportskanone nicht krabbeln mag, sondern lieber gleich gehen üben will – und zwar den ganzen Tag bei 36°C. Dann tauchen Fragen auf: haben wir die klassische Rollenverteilung in unserer kleinen Familie tatsächlich überwunden. Sucht mein vollzeitarbeitender Partner sich nicht nur die Rosinen mit unserem zuckersüßen Nachwuchs heraus und gibt ihn im Zweifel bei Oma ab? Verkommt mein Unternehmen und mein Startup zum Hobby dem ich nur nachgehen kann, wenn ich die Zeit einfordere und dann nicht im Sitzen einschlafe?

Mist jetzt ist die Talfahrt viel länger als die Bergfahrt. Das liegt wohl daran, dass ich mich im Moment in dieser befinde. Aber es geht wieder bergauf, denn ich sorge in solchen Momenten vor: mit der Dystopie der frustrierten Hausfrau und zwar gegenüber dem Vater meines Kindes. Die will er nicht und ich auch nicht. Und hier kommt unser Zauberwort ins Spiel: die Familie.

Ohne die problemlösungsorientierte Einstellung von uns Eltern und die warmherzige, immer willkommen heißende Art unserer Großeltern könnte man auf der Talfahrt schon verzweifeln oder sich mit „so ist das nun mal“ abfinden. Also liebe Neo-Eltern, ein Hoch auf alle Omas, Opas, Tanten, Onkels, … die sich auch noch gern um die kleinen Spatzen annehmen. Und, mein Kind liebt seine Spielgruppe (1x / Woche) und bleibt schon jetzt regelmäßig am Gartenzaun der Krabbelgruppe hängen, wo er in wenige Wochen dann auch bleiben darf.

Fazit: Langweilig ist es nie – die unerträgliche Leichtigkeit des Seins liegt weit hinter mir #dowhatyoulove ist trotzdem, oder gerade wegen meiner unabhängigen Lebensführung möglich.

Ach ja, falls wer ein Team Büro im Herzen des wunderbarsten Coworkinspace Österreichs sucht, ein solches ist gerade frei geworden!

Renata Fourmanova, Talkabout Agency, ein Kind (2,5 Jahre)

Renata Fourmanova © Talkabout

„Der Begriff Work-Life Balance hat für mich persönlich nie funktioniert. Weder bevor ich ein Kind hatte und noch weniger seitdem ich eines habe.“

Die voranschreitende Digitalisierung lässt das Berufs- und Privatleben immer mehr miteinander verschmelzen. Je mehr ich versuche, diese von einander zu trennen, umso stärker konkurrieren sie miteinander und umso schwieriger lässt sich mein Alltag gestalten. Als Agenturinhaberin, Mutter, Ehefrau und Business Angel versuche ich jeden Tag viele Rollen, die ich liebe, unter einen Hut zu bringen ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben, eine dieser Rollen zu vernachlässigen.

Schlechtes Gewissen vorprogrammiert

Im Grunde geht es um Balance. Darunter verstehe ich sowohl Arbeitszeit, als auch Freizeit mit gleicher Gewichtung auf eine Waage zu legen mit dem Ergebnis, dass sie austariert ist und mir mehr Ausgeglichenheit verschafft, als wenn ich diese elementaren Teile des Lebens separat voneinander gestalten würde. Durch die Digitalisierung meines Alltags verschmelzen die Rollen ohnehin. Ich surfe und chatte privat im Büro und telefoniere zuhause mit meinem Sohn auf dem Arm mit einem Kunden. Leider kommt die Waage so schnell aus dem Gleichgewicht und eine der beiden Welten wird vernachlässigt. Bei uns Selbstständigen ist das oft das Privatleben und ein immanent schlechtes Gewissen ist vorprogrammiert.

Die Digitalisierung hilft bei der Vereinbarkeit

Die Kommunikationstechnologien sind Fluch und Segen zugleich. Doch anstatt das Negative zu sehen und am Altgewohnten festzuhalten, sollten wir lieber die neuen Möglichkeiten nutzen um unsere Zeit so zu gestalten, dass wir am Ende des Tages auf beiden Seiten mit uns zufrieden sind. So kann man seinem Kind beim Spielen auf dem Kinderspielplatz zuschauen oder die heißen Sommermonate im Schwimmbad genießen und gleichzeitig E-Mails beantworten oder berufliche Telefonate wahrnehmen. Aus diesem Grund hat sich in letzter Zeit ein neuer Begriff manifestiert, der Schritt für Schritt immer mehr Anerkennung findet: Die Work-Life-Integration.

Das Konzept der Work-Life Integration  habe ich schon vor langer Zeit für mich entdeckt, nur hatte es damals noch keinen Namen. Denn mit dem ersten Mobiltelefon in unserem Haushalt haben meine Eltern es genauso gehandhabt wie ich heute.

Selbstständig? Keine langen Pausen, bitte

Viele fragen mich, wie ich Kind und Job unter einen Dach bringen kann. Als Selbständige kannst du dir lange Pausen von der Arbeitswelt einfach nicht leisten, so muss frau schauen, wie sie diese zwei Sachen unter ein Hut bringen kann (wenn Sie weiter in der Arbeitswelt up-to date sein will). Für mich war es der Ansatz der Work-Life-Integration. Ich habe bereits wenige Tage nachdem ich mein Kind zur Welt gebracht habe wieder angefangen zu arbeiten – natürlich nicht Vollzeit, aber ich habe Kundentermine erledigt, E-Mails beantwortet und sogar zwei Unternehmen mit gegründet.

Kind schläft oder spielt – Zeit schlau nutzen

Um so etwas zu schaffen braucht man auf der einen Seite ein super Team und eine Familie, die einen unterstützen. Und man muss einen Arbeitsansatz finden, der in so einem Fall funktioniert: So habe ich, während andere Mamis sich mit Gleichgesinnten getroffen haben, bei Spaziergängen mit dem Kinderwagen mit Kunden telefoniert, im Park E-Mails beantwortet und mein Kind zu diversen Meetings mitgenommen. Das alles konnte ich erledigen, während mein Kind schlief – und bekanntlich schlafen Neugeborene ziemlich viel.

Auch jetzt, wo mein Sohn älter ist, finden sich Wege, Kind und Beruf mit einander zu kombinieren. Dabei darf man meiner Meinung nach trotzdem nicht auf fixe Arbeitsstunden im Büro verzichten. Aber auch außerhalb dieser beantworte ich auch schon mal E-Mails während mein Sohn in der Musikstunde ist oder am Spielplatz mit seinen Freunden spielt. Wenn man den Ansatz der Work-Life-Integration richtig anwendet und sich dabei an einige Regeln hält, setzt es den Schuldgefühlen sowohl dem Job als auch der Familie gegenüber ein Ende. Im Vergleich mit vielen anderen Müttern, die fixe Arbeitszeiten streng einhalten, sehe ich, dass ich deutlich intensiver am Leben meines Kindes teilhaben und bei mehr Momenten und Veranstaltungen dabei sein kann.

Meine Regeln für Work-Life-Integration

  • Am Handy oder iPad arbeiten, wenn das Kind beschäftigt ist und nicht herschaut. Kinder sollen nicht das Gefühl haben, dass man ständig am Telefon hängt (gilt auch für Privatanrufe).
  • Am Wochenende arbeiten wenn es wirklich notwendig ist. Lieber eine Abend-Working-Session machen als am Wochenende den Laptop aufmachen zu müssen. Man muss auch abschalten können.
  • Mobiltelefon über Nacht ausschalten.
  • Fixe Zeiten einführen, zu denen das ganze Team im Büro ist.
  • Schwierige und unangenehme Aufgaben sofort angehen und diese immer im Büro erledigen.

Stefanie Kukla, Madame Kukla, zwei Kids (0,5 und 2 Jahre)

Stefanie Kukla © Tsvetkovphotography.com

„Die Zeit, mich kurz hinzusetzen und ein Buch zu lesen, nehme ich mir nicht“, sagt Stefanie Kukla, die sich vor knapp drei Jahren mit ihrem Modelabel Kukla selbstständig gemacht hat. „Man muss schon sehr gut funktionieren“, wenn man mit Unternehmen und Kindern glücklich sein will.

Strikte Trennung

Work-Life-Integration käme für Kukla nicht infrage: „Mit dem Laptop am Spielplatz ist für mich eine Horrorvorstellung“. Beides gleichzeitig, das funktioniert für die Unternehmerin nicht. Deshalb wird sauber getrennt. Wenn sie für einige Stunden im Büro ist – meist von 10 Uhr bis 18 Uhr – dann wird konzentriert gearbeitet. „Da gibt es keine YouTube-Videos“. Das sei zwar anstrengend, wenn man nicht einmal kurz durchatmet, „dafür kann ich mich danach vollständig meinem anderen Leben widmen“. Und das bedeutet: keine E-Mails, kein Laptop, nichts Berufliches nachdem Kukla das Büro verlassen hat. Auch am Wochenende widmet sie ihre Zeit voll und ganz der Familie. Diese Bereiche streng zu trennen sei auch ein gewisser Selbstschutz und helfe dabei, Lust, Laune und Kreativität anzukurbeln.

Schlechtes Gewissen „toxisch“

„Ich erlebe oft, dass arbeitende Mütter ein schlechtes Gewissen haben. Sowohl ihrem Job gegenüber, als auch ihren Kindern gegenüber. Das finde ich extrem toxisch“. Für Kukla ist es wichtig, zu hören, dass ihre Kinder zufrieden lachen, wenn sie die Türe hinter sich zumacht, um ins Büro zu gehen. Dann ist ein Kindermädchen oder der Vater für die Kids da. „Der Partner muss mitspielen und einem auch die Sicherheit geben, ein Backup zu haben, wenn man einmal mehr Zeit braucht – auch, wenn das mal spontan ist“, so die Jungunternehmerin.

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